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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 653 -
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653 Der Tisch wird drei Tage lang nicht abgedeckt nnd ebenso lange die Stube nicht gefegt. Gäste sind willkommen. Und bis Neujahr bleibt der allgemeine Gruß: „Christus ist geboren", und die Erwiederung: „Wahrlich, er ist geboren". Palmsonntag (eveti), wo die Natur ihr Winterkleid abzuwerfen beginnt, ist bei den Serben ein charakteristisches Fest. Am Abend vorher versammeln sich die Mädchen und singen von der Erweckuug des Lazarus. Deu anderen Tag kommen sie vor Sonnen- aufgang im Freien zusammen, singen, baden im Flusse, tanzen den Kolo und sind überzeugt, daß eben jetzt die Vilas, welche die Wälder bevölkern, ihre Verstecke verlassen und, den Sterblichen unhörbar nnd uusichtbar, bei Musik uud Tanz sich ergehen. Das geheimniß- volle Waldesrauschen ist ihre Sprache, das Geriesel der Bäche ihr Geplander, der Duft der Gräser und Blumen ihr Odem. Nur wer in einer Hülle geboren ist (vilovnMk), kann diese Feensachen hören uud sehen. Dieses Fest bedeutet bei den Serben die Erneuerung der Natnr. Dieselbe Beziehung hat auch der Volksbrauch am St. Georgstage (vM'ch'ev <Zan). Abends pflücken die Frauen Blumen uud Pflanzen und legen fie in Wasser, das über das Mühlrad gelaufen ist. In diesem aufgefangenen Wasser baden sie am nächsten Tage nnd glauben davon gesund zu bleiben. Das zweite große Fest nach Weihnacht ist das Osterfest (uskrs). Den Beginn desselben bezeichnet der Augenblick, wenn der Priester in der Kirche früh Morgens den Gläubigen zuruft: „Xristos voskrese" (Christus ist auferstanden), worauf sie erwiedern: ,Va islinu voskrese!« (Wahrlich, er ist auferstanden!) Die Versammelten schenken sich rothe Eier und schlagen dieselben aneinander; das zerbrochene Ei gehört dem, der es mit dem seinen zerschlagen hat, und er zieht daraus auch einen Schluß auf sein langes Leben. Am zweiten Ostermorgen ziehen die serbischen Burschen scharenweise, meist von Dudelsack uud Tambnra begleitet, von Haus zu Haus, die Mädchen zu begießeu. Zudem sie ins Haus treten, spricht eiuer der Burschen folgendermaßen: „Wir hörten, lieber Vetter (oder Mnhme), daß in Enrem Blumengarten eine schöne Lilie (oder Rose) blühe, nun aber verwelken will. Wir kommen also, die schöne Blume zu begießeu, wozu wir Eure gütige Erlaubniß hiermit höflichst erbitten". Der Hausherr oder die Hausfrau antwortet hierauf: „Wir danken Ench vom Herzen, liebe Jnngen, daß Ihr auf unser Blümlein nicht vergessen; doch dünkt uns, es blühe gar hold und fein. Indeß seht selber zu, dort ist es, uud wenns Euch nicht verdrießt, begießt es!" Die Mädchen kommen hervor und sagen: „Eh' ich mich begießen lasse, lös' ich mich lieber aus". Das Lösegeld besteht in Küssen und rothen Eiern. Während die Burschen die Mädcheu begießeu, bestellt die Hausfrau den Tisch mit Pflaumenbranntwein, Kuchen uud rothe» Eieru; die Burscheu setzen sich auch alsbald hiu und lassen sichs schmecken. Dann folgt der Kolo — und weiter gehts zn anderen Mädchen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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