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Augen zum Geliebten aufzuschlagen, die Leidenschaftlichkeit, die das Leben einsetzt, um
den Geliebten zu gewinnen, die Trauer um das Schwinden der Jugend, Schwester- und
Bruderliebe, die eher deu Verlust des Geliebten als den Verlust des Bruders verschmerzt,
die tiefste Verehrung der Eltern, die sorgloseste anakreontische Heiterkeit; auch eiu gewisser
Humor gelangt, ohne ins Derbe und Grobe zu verfallen, in ihnen zur Geltung.
Auch Lieder voll tiefer Lebensweisheit enthält die Sammlung. Neben herrlichen
Naturbildern, wie sie in Vrbenik, Cherso, Lnssin und namentlich in der Perle der
gnarnerischen Inseln, in Cassione (LoZhun), in der Bucht von Ponte bei Veglia, ver-
körpert erscheinen, fehlt es nicht an humoristischen Darstellungen der Mängel und Vorzüge
der Mädchen und Jüugliuge einzelner Orte. Groß ist die Zahl der Hochzeits-, Trink- und
Neujahrslieder (koleäve). Kinderlieder werden beim Spiel oder zum Einschläfern der
Kinder, Klagelieder (nÄricalMe) bei den Leichenbegängnissen nnd zwar ähnlich wie bei
den alten Römern von den »pi-asüoae-, nur von Frauen gesungen, welche dieselben oft
extempore compouireu. Der Ton des Verses fällt meist auf die drittletzte Silbe auf
den Namen der betrauerten Person oder auf ein derselben beigelegtes Liebesepithetvn,
welches in jedem folgenden Vers mit einem anderen wechselt. Die religiösen Lieder
zeichnen sich durch den Ausdruck der Gemüthstiefe und des Gottvertrauens aus. Es
darf also dieses Buch als ein Schatzkästlein wahrer, in jeder Beziehung hohes Interesse
erregender Volkspoesie bezeichnet werden.
Improvisatoren gibt es in Verbenico und in Dobasnica auf der Insel Veglia,
in Bergudac und in Antignana, in Volosca und in Promontore auf dem Festland,
Improvisatoren, deren Ruf über ihreu Geburtsort hinausgedrungen ist, von denen hier
drei: Gerskovic-Rofic aus Vrbenik, Matthäus Brajkovic aus Bergudac und Martin
Pavic, der blinde Sänger aus Promontore, genannt werden mögen. Groß ist die Menge
von Sprichwörtern im Volke, welche namentlich I. Volcic mit Fleiß gesammelt und in
verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht hat.
Nachdem die Wege zur Bildung in Jstrien auch den Slaven geebnet worden sind,
hat in neuerer Zeit unter ihnen auch die Kunstpoesie namhafte Vertreter gefunden. So
den Lyriker Matthäus Baftiau, dessen Dichtungen in den verschiedenen Jahrgängen der
Zeitschrift zerstreut sind und nun für einen besonders herauszugebende»
Band gesammelt werden. Er zeichnet sich durch eine bedeutende Prodnctivität, durch
Spontaneität und Innigkeit des Ausdrucks aus. Ihm reihten sich als Lyriker Stndenac
Peter uud Anton Kalac an, der außer einer Reihe von schwungvollen, in der Zeitschrift
KaSa veröffentlichten lyrischen Dichtungen auch 30 Kirchenlieder, Marienlieder für
den Monat Mai verfaßt hat. Aus seiner gewandten Feder flössen auch zwei sehr lehr-
reiche Erzählungen für das Volk: Pop Marko, der Nathgeber des Volkes, uud Josip Zudih
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch