Seite - 194 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Dalmatien, Band 11
Bild der Seite - 194 -
Text der Seite - 194 -
194
Wein getunkten Brotstückchen die Kerze aus. Darauf trinkt er Allen insgemein zu, welchem
Beispiel Alle der Reihe nach folgen. Das große Stück Brot, in welches die Wachskerze
gesteckt wird, fällt dem zuerst des Weges daherkommenden Bettler zu. Sowohl in den
Dörfern als in den Marktflecken Pflegt man an dergleichen Tagen viel mehr Speisen
anzurichten, als es die Zahl der Gäste erfordert, da es Brauch ist, an solchen Tagen die
in großer Anzahl aus Dorf und Stadt herbeieilenden Armen zu bewirthen. Sowohl am
Schluß des Abend-, wie des Mittagmahles werden Trinklieder gesungen, falls die Familie
nicht in Trauer ist; es gibt deren besondere für jeden Gast je nach seinem Stand und
seinem Verhältniß zum Hausherrn. Heutzutage, wo die Nahrungsmittel im Preise so hoch
gestiegen sind, ist die Feier des Kreuznamens für die Dorffamilien eine wahre Geißel.
Der Bauer stürzt sich lieber bis über die Ohren in Schulden, als daß er von der üppigen
Art der Kreuznamensfeier ließe. Ja manche feiern neben dem Kreuznamen auch noch die
?risw2da (prisIuLbica), auf deutsch etwa Mitfeier. Dieses zweite Familienfest, dessen
Feier allerdings etwas anspruchsloser ist als die des Kreuznamens, dürfte in folgender
Weise entstanden sein: jene Familie, die keine männlichen Kinder hat, nimmt bei der
Verheiratung der jüngsten Tochter den Bräutigam derselben in ihr Haus auf, der Mann
heiratet in das Haus der Frau hinein. Solange nun die Alten noch am Leben bleiben,
feiert der Schwiegersohn ihren Kreuznamen mit, außerdem aber, allerdings in bescheidener
Form, auch den seinigen. Nach dem Tode der Schwiegereltern feiert er hingegen seinen
Kreuznamen festlicher, den der Alten aber minder festlich. Diese zweite Feier ist eben die
sogenannte prlswöda.
Unter den allgemeinen religiös-nationalen Festen ist das des heiligen Tryphon
(Tripnn, am 3. Februar) unzweifelhaft das glänzendste in den Bocche, ja es kann wegen
seiner Alterthümlichkeit und Originalität für das bedeutendste in ganz Dalmatien gelten.
Als Kirchenfest reicht es wohl noch in jene Zeit zurück, in welcher der Körper des wunder-
wirkenden Märtyrers aus dem Orient nach den Bocche überführt und derselbe zum
Schutzpatron der Stadt und ihres Gebietes erkoren wurde. Doch auch die äußerliche Feier
rührt sicherlich aus sehr alter Zeit her und hat sich im Laufe der Zeit immer mehr
entwickelt, bis sie im XIV. Jahrhundert ihren Gipfelpunkt erreichte, auf dem sie sich bis
zum Verfall der veuetiauifchen Herrschaft erhielt; seither hat freilich das Fest manches an
seinem Glänze eingebüßt. Eine Art Vorfeier findet am 13. Januar, das ist au dem Tage
statt, an welchem einst (809) der Körper des heiligen Tryphon aus Kamsada nach Cattaro
überführt wurde und an dem gegenwärtig die Marinerezza die Wahl ihrer Offiziere
vornimmt, den Seedirector ausgenommen, dessen Ehre eine lebenslängliche ist.
Am 27. um Mittag ordnen sich auf der Bank vor der Domkirche die Marineoffiziere.
Sobald die Kirchthurmuhr zum zweitenmale die zwölfte Stunde geschlagen hat, schwingt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Dalmatien, Band 11
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Dalmatien
- Band
- 11
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.54 x 21.83 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch