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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Dalmatien, Band 11
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200 Die Bevölkerung der Bocche neigt im Ganzen der Blutrache zu. Allerdings ist diese dort, wo die Cultur weiter vorgeschritten ist, beinahe verschwunden oder hat wenigstens ihre frühere Grausamkeit verloren; bei den Gebirgsbewohnern jedoch ist sie noch immer eine tiefe Nationalwunde. Das unchristliche Princip: Wer sich nicht rächt, der wird nicht heilig (l'ko se ne osveti, t^ se ns posveti), hat sich so tief ins Herz des Volkes ein- gewurzelt, daß Jahrhunderte nicht im Stande waren, es zu vernichten, und erst durch die Strenge der Gesetze ward es in der neuesten Zeit gemildert. Ein Volk, welches bei Tag wie bei Nacht bis an die Zähne bewaffnet war und in dessen Adern das warme Blut des Südens rollt, konnte sich leicht aus geringer Ursache zu einem Wortzwist, ja zum Blut- vergießen hinreißen lassen, worauf sich dann die verschiedenen Racheacte mit allen ihren furchtbaren Folgen gründeten. Der Mörder mußte so schnell als möglich auswandern oder 'ich lauge Zeit hindurch in Grotten und Bergen versteckt halten, weil auch der entfernteste Verwandte des Gemordeten sich an ihm rächen und ihn tödten mußte, falls er ihm begegnete. Eine noch schlimmere Folge war die, daß sich die Blutrache auf alle Mitglieder der Familie des Mörders, bisweilen auf das ganze Dorf erstreckte. Lange Jahre hindurch mußten Alle, die mit dem Mörder auch nur in ferner Verwandtschaft standen, fortwährend nm ihr Leben auf der Huth sein. Daß in den Bocche die Blutrache nicht so lang währte als auf Corsica, daß nämlich nicht ganze Familien durch dieselbe untergingen, muß dem großen und wohlthätigen Einfluß zugeschrieben werden, welchen bei dergleichen Ereignissen das als „Blutgericht" (krvnokolo) bezeichnete Volksgericht besaß. Nach einem, unter Umständen auch nach mehr Jahren pflegten die nächsten Verwandten des Mörders durch Vermittlung einflußreicher Männer die Familie des Gemordeten um einen Waffenstillstand anzugehen oder sie gelobten einander Treue (ukvatili KI v^eru) für eine gewisse Zeit. Diese wurde dazu benutzt, die beschädigte Partei zur Einsetzung eines Blutgerichtes zu bereden. Sobald die letztere darauf einging, bezeichnete sie der Gegenpartei eine Reihe von Personen, viernnd- zwauzig an der Zahl, die zu Richtern berufen werden sollten. Die Verwandten des Mörders mußten die bezeichneten Personen bereden, sich des guten Werkes anzunehmen, worauf man gewöhnlich bereitwillig einging und den Tag und Ort des Gerichtes festsetzte. Da der moderne Staat neben dem gesetzmäßigen Gericht kein anderes duldete, wurde das Blut- gericht außerhalb der Reichsgrenze im kleinen Nachbarstaate abgehalten. Dieses Volksgericht bot eine merkwürdige Scene dar. Die vierundzwanzig Richter stellten sich im Halbkreis unter freiem Himmel auf, daneben ein Schreiber, der am Schluß das eudgiltige Urtheil niederschreiben sollte. Der älteste Richter führte gewöhnlich den Vorsitz. Zur Rechten stellten sich zwölf oder noch mehr Mütter auf, eine jede mit einer Wiege und einem kleinen Kinde in derselben. Den Richtern gegenüber stand der nächste
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Dalmatien, Band 11
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Dalmatien
Band
11
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1892
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.54 x 21.83 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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