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vor Ofen. In der Festung lagen 2.400 Martinnzzische Soldaten. An die drei Monate
dauerte die Belagerung. Beide Theile kämpften hartnäckig. Obgleich die Mauern mehrere
Breschen zeigten, schlugen die Insassen der Festung die Stürme dennoch ab. Unaufhaltsam
aber drang die Noth in die Festung ein. In der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts
kostete zu gewöhnlicher Zeit der theuerste Ochse 10 Stück Dukaten, während der Belagerung
stieg dieser Preis auf 40 Dukaten. In den Fleischbänken der Festung wurde Pferdefleisch
verkauft. Brot gab es noch immer, da auch das reichlich versehene Schloß der Königin
viel Mehl lieferte. Das Theuerste war das Holz. In der Küche der Königin wurde mit
hölzernen Zäunen, ja mit Möbeln gekocht.
Viele Bürgerfamilien mußten auf ihren Schatztrnhen sitzend hungern. Es mochte
sie erbittern, daß sie die Stadt bildeten und das Interesse derselben am Herzen trugeu
und dennoch als Einsatz dienen mußten für das Würfelspiel landfahrender Politiker, die
mit den Türken im Bunde standen. So verschworen sich die hervorragendsten Bürger,
insgeheim und unter gewissen Bedingungen die Soldaten Roggendorfs in die Festung
einzulassen. Selbst die Königin war mit dem Anschlag einverstanden. Obgleich das durch
Valentin Török ausgegebene Losungswort: „eiu Verräther, wer Ofen sei es dem Türke«,
sei es dem Deutschen übergibt", noch immer bei dem Volke in der Festung Geltung hatte,
fühlten doch schon Viele im Laufe der Belagerung, daß die Festung den Türken zufallen
werde, weun sie sich nicht den Deutschen ergebe. Diese Überzeugung theilte anch die
Königin. Die Bedingungen sind die folgenden: im Namen Ferdinands verbürgt Roggen-
dorf, erstens, daß alle, die in der Festung gegen ihn gekämpft, Gnade erlangen sollen;
zweitens, daß alle Gesetze Ungarns aufrechterhalten bleiben; drittens, daß Ferdinand in
keiner Festung Ungarns einen fremden Verwalter einsetzen werde; viertens, Ferdinand
gibt alles Hab und Gut der Königin-Witwe und ihres weiland Gemals heraus; fünftens,
die Stadt wird zuerst vou dem ungarischen Theil des Roggendors'schen Heeres besetzt,
damit dieses ein etwaiges Plündern der Deutschen verhindern könne. Mit diesen schriftlich
aufgesetzten Bedingungen sandte die Königin den Rathsherrn Gregor Bornemissza zu
Roggeudors hinaus, der dieselben unterschrieb.
Der Kleinrichter Peter Pälczän hatte den Schlüssel des znm Liebfrauenkirchhofe
führenden Pförtchens (bei der jetzigen Jesuitenstiege) in Verwahrung. In einer Juninacht
öffnete er dasselbe und ließ 300 Bewaffnete Roggendorfs, die sich herangeschlichen, auf
den Rathhausplatz hinein. Mittlerweile begann Roggendorf, um die Aufmerksamkeit
anderswohin zu leukeu, vom Blocksberg aus das königliche Schloß beschießen zn lassen,
was übrigens ein Fehler war, da er hierdurch die schlafende Besatzung weckte. Ferner
beging Roggendorf den Fehler, lauter Deutsche iu die Festuug zu schicken, die sich dnrch
Uukeuntniß der ungarischen Parole sogleich verriethen. Das Unternehmen mißlang. Ein
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch