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Baröt i -Szabö und Räjnis waren Jesuiten, Revai Piarist; der Erste ein
Szekler, der Dritte im Alföld geboren, Räjnis aber ein Kind deutscher Eltern und dennoch
ein nicht weniger feuriger Ungar als seine Genossen. Vor die Öffentlichkeit trat zuerst
Baröti-Szabö im Jahre 1773 mit seinem „Liederkranz" (Vei-5kos?c>ru), der noch zwei
vermehrte und verbesserte Auflagen erlebte. Bald darauf erschienen Revai's „gemischte
Gedichte" (Liesst versek) und als Letzter trat Räjnis mit seinem „Wegweiser" (Lalaux)
auf, obgleich aller Wahrscheinlichkeit nach er es war, der von den Dreien zuerst ungarische
Disticha schrieb. Alle drei fügten ihren Gedichten prosodische Erläuterungen bei, Räjnis
insbesondere faßte die Grundsätze des magyarischen Versmaßes in ein förmliches System.
Er war zu jener Zeit der Hauptvertreter der literarischen Kritik, der zuerst die Bahn zur
freien Forschung öffnete und das Beispiel gab, wie man die Fehler geißeln könne und
müsse. Baröti-Szabö schrieb die meisten Verse, größtentheils Hexameter. Er versuchte
uach diesem Schema sogar Dramen zn schreiben. Die fremde Form verleitete ihn zn
mancherlei Wagnissen und führte ins Extrem, doch hat er mehr Verdienste als seine
Genossen um die Schaffung der dichterischen Sprache. Auch Berzseuyi und Vörösmarty
haben viel von ihm gelernt. Sein Ausdruck ist oft schwungvoll, lebhaft und farbig. In
seinen Episteln und lyrischen Gedichten pnlsirt ein gesunder uud voll dahinfließender
Rhythmus. Besser als seine Genoffen verstand er die dialectischen Eigenschaften der
Sprache und war bestrebt, sie mit der literarischen Sprache zu verschmelzen. Fleißig
sammelte er die volksthümlichen Phrasen und schrieb ein Wörterbuch. Schließlich war er
ein Bahnbrecher der eben entstehenden literarischen Gesellschaften und gründete mit
Kazinczy und Bacsänyi (1788) das „Ungarische Museum" HIü?eum).
Revai war unter den Pflegern der classischen Richtung der vielseitigste Schriftsteller
und Agitator. Er verstand sich gut auf Zeichnen, Malen und Mathematik. Er schrieb
Gedichte, übersetzte die classischen Schriftsteller, verfaßte Abhandlungen über'die Profodie,
erörterte grammatische und sprachgeschichtliche Fragen, deren hohe Wichtigkeit bis dahin
Niemand geahnt hatte. Seine großen Werke: ^nticzuitates ^iteralurae Hun^aricae und
Lladoratior Lrammatiea HunZariea sind epochemachende Erscheinungen in der Geschichte
der ungarischen Wissenschaft. Ein so systematisches Werk in dieser Art hatte noch kein
Ungar geschrieben und seinen Resultaten wird mit Recht ein bleibender Werth zuerkannt.
Der ungarische Jntellect forderte durch Revai zum ersten Male seinen Platz in den
wissenschaftlichen Bestrebungen des gegenwärtigen Jahrhunderts. Er stellte die wichtigsten
Grundsätze der Sprachforschung auf: Untersuchung der Geschichte der Sprache und
Studium der verwandten Sprachen. Um dem Schwanken der literarischen Sprachformen
ein Ende zu machen, berief er sich hauptsächlich auf die altungarischen Sprachdenkmäler,
und um den Ursprung der Wörter zu ermitteln, drang er auf die Vergleichuug mit den
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch