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sieht, wie sehr die Hunnen seinem jüngeren Bruder, welchem „Hadisten" (Kriegsgott) sein
Schwert gesandt, zugethan sind. Für einige Zeit schlummert Budas Verdacht wieder ein,
als aber die beiden Königinnen in Streit gerathen und die vom Kaiser des Ostens ein-
getroffenen Gesandten, ohne bei Buda anzufragen, mit Etele Rath Pflegen, da ist Bnda
aufs höchste gereizt und fordert den Bruder auf, ihm Hadisteus Schwert auszuliefern
und keinen Krieg zu beginnen. Etele weigert sich. Buda läßt das Schwert entwenden,
worauf Etele in furchtbarem Grimm zum Zweikampf mit dem Bruder schreitet, der die
Flucht ergreift, allein von ihm getödtet wird. In diesem Werke verbindet sich „die schlichte
Anmuth des Volksmärchens mit der Hoheit der Tragödie". Der ruhige epische To», die
gerundete Composition, die scharfe und lebendige Charakterzeichnung nähern es den naiven
Epen, allein „die wachsende dramatische Kraft der Wendungen und die eindringliche,
zutreffende Darstellung der Leidenschaften in ihrer ganzen Entwicklung verrathen den
modernen Künstler". Von dem zweiten Theile der Trilogie, „Königssohn Csaba" (<üsabn
kiiÄM) sind, nebst der vollständigen Skizze, einzelne ausgearbeitete Theile, wie
„Kevehäza" vorhanden; sie zeigen uns den Dichter noch gewachsen und gestärkt und
erregen das tiefste Bedauern, daß es ihm nicht gegönnt war, diese größte Schöpfung seines
Lebens zu vollenden.
Auf seine kleineren epischen Werke können wir nicht näher eingehen; es sind dies:
„Die Verlorne Verfassung", „Die Zigeuner von Nagyida", dieses vorzüglichste komische
Epos der ungarischen Literatur, und schließlich der „Bolond Jstök" (etwa: Hans Narr),
der zwar nur Bruchstück, aber ein unvergleichlicher Ausdruck finsteren Humors ist. Die
Balladen und lyrischen Gedichte aber müssen wenigstens in Kürze gewürdigt werden.
Arany schuf die ungarische Bällade auf Grund der schottischen und Szekler-Balladen,
denen er ihren Ton und die Geheimnisse ihres Baues ablauschte. An tragischer Kraft
übertrifft er sogar Goethe. Die tragische Wirkung einiger seiner Balladen ist gewaltig;
der Dichter schildert mit schier unvergleichlicher Kraft „den Dämonismus der Leiden-
schaft, ihre Monomanie, die Visionen der von Gewissensbissen gepeinigten Seele". Seine
Motive holt er aus Geschichte und Volksleben und liebt im Allgemeinen die düsteren,
unheimlichen Stoffe. Gyulai nennt ihn den Shakespeare der Ballade, der auch die
schwierigsten Compositionen mit erstaunlicher Leichtigkeit aufzubauen, die Hindernisse der
kühnsten Konstruktionen zu überwinden wisse und dessen Rhythmus selbst in den künst-
lichsten Versformen sich geradezu spielend ergehe.
Neben seinen größeren epischen Werken und Balladen schrieb Arany fortwährend
auch lyrische Gedichte, in denen Schlichtheit und Hoheit, ernste Erhabenheit der Empfindung
und auch wieder deren Milderung, eine künstlerische Mischung der Stimmungen, elegischer
Schmerz, stille Beschaulichkeit, Ergriffenheit der Seele in so hohem Grade zur Geltung
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch