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Der Tod Weffelenyis (1809) machte die Lage des Schauspiels sehr zweifelhaft, haupt-
sächlich weil dessen bisheriges Theaterloeal von deutscheu Schauspielern mit Beschlag
belegt war; mit diesen mußte nun die ungarische Truppe bald in diesem, bald in jenem
zeitweiligen Loeale spielen und sah sich daher gezwungen, es in kurzen Zwischenräumen
mit Gastspielen in den kleineren Städten Siebenbürgens und Ungarns zu versuchen.
Endlich war im Jahre 1821 das ständige Theater vollendet — am Eröffnuugsabeud
wurde Körners „Zrinyi" von adeligen Dilettanten aufgeführt — und damit brach für
das ungarische Schauspiel in Siebenbürgen eine bessere Zeit an.
Auch künstlerisch war die Schauspielkunst in Siebenbürgen besser entwickelt, da die
Mitglieder ständiger waren, also längere Zeit zusammen spielten und ihr Spiel unter dem
Einfluß eines zwar kleinen, doch aus den gebildeten Elementen bestehenden Publikums sich
günstiger entwickeln konnte. Das hervorragendste Mitglied war im Schauspiel Johann
Kocsi-Patko, ein Künstler von großer Originalität, ziemlich frei von Nachahmung,
auch vou Übertreibung und Steifheit, edel und geschmackvoll in seinen Bewegungen,
ausdrucksvoll und charakteristisch im Mienenspiel, ein kräftiger und doch schöner Sprecher.
Er spielte jüngere Helden- und Charakterrollen von größerem Wurf, zog sich aber, zum
großen Schaden der Schauspielkunst, sammt seiner sehr begabten Gattin (Rosalie Fejer)
schon 1808 vom Theater zurück. Erwähueuswerth sind ferner: Stefan Öri-Filep und
Susanna Janö, auf dem Theaterzettel knrzweg „Jungfer Susanna" genannt. Im Lust-
spiel gefielen: Therese B ajkö, Johann Fejer, der erste Director, und sein Bruder Stefan,
Josef Kontz, Johann Säska und besonders der berühmte Komiker PanlJancsö, lange
Zeit ein Liebling des Publikums, der durch jede einzelne seiner Schöpfungen das Interesse
für das ganze Schauspiel zu erneuern wußte. Jaucsö wohnte, auch nachdem er sich vom
Theater zurückgezogen, in Klausenburg, wo er die unwandelbare Liebe und Achtung des
Publikums genoß und voll Pietät ins Grab gelegt wurde, über dem die allgemeine Theil-
nahme ein stattliches Denkmal errichtet hat.
Die Wesselenyische Truppe also war der Stamm, aus dem die ungarische Schauspiel-
kunst sich durch das ganze Land verzweigt hat. Die von Michael Ernyi geführte Gruppe,
die in Debreczin ihre Thätigkeit begann, ging fünf Monate später, Oetober 1806, nach
Szegedin. Von hier aus wandte sie sich, 7. März 1807, an die Statthalterei um die
Erlaubniß, in Pest vor dem Reichstage spielen zu dürfen. Auch Wesselenyi empfahl sie
den Ständen des Pester Comitats. Nach dem Eintreffen der Erlaubniß machte sich die
Truppe auf, um nach zehnjähriger Pause das Erbtheil der ersten ungarischen Schauspiel-
gesellschaft anzutreten. Auf Vermittlung des Pester Comitats durfte sie wöchentlich je
zweimal im deutschen und im Ofuer Theater spielen. Alsbald macht sie sich vom deutschen
Schauspiel unabhängig und errichtet eine Bühne im Hacker-Saal; nach der Eröffnung des
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch