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halbfertigen Gruppen wurden durch seine Gehilfen fortgesetzt und fertiggestellt unter der
Aufsicht des Professors der Bildhauerkunst Alois Strobl, der bei der Leitung der
Arbeiten die Anordnungen des Meisters wörtlich befolgte und sich streng an Geist und
Manier der Modelle hielt, — vielleicht sogar, wie der Enderfolg lehrt, allzu streng.
Eine jedenfalls glücklichere Lösung hat ein anderes, nicht minder groß angelegtes
patriotisches Unternehmen gefunden, das der Tod Hnszars gleichfalls verwaist zurück-
gelassen hatte, nämlich das Denkmal der „Araber Märtyrer". Das Modell des verstorbenen
Künstlers befand sich in nicht sehr vorgeschrittenem Stadium, war aber bereits vom
Deukmalausschuß beurtheilt und angenommen; nun wurde es dem hochbegabten jungen
Bildhauer Georg Zala übertragen, dem der Ausschuß dabei alle Freiheit ließ, die
einzelnen Bestandtheile des Entwurfes nach seiner eigenen Auffassung durchzuführen. Diese
Freiheit hat sich Zala auch genommen. Er hielt sich nur an die allgemeinen Gesichtspunkte
des Originalentwurfes, arbeitete die einzelnen allegorischen Gruppen mit feinerem Form-
gefühl durch und gestaltete die Hauptfigur der bekränzten Hnngaria völlig neu, indem er
den nachgiebigen Stoff in edlerem Rhythmus, mit schärferer Charakteristik erklingen ließ; so
hat diese jedenfalls weitgehende Umgestaltung, bei der übrigens das echt nationale Element
nur wenig ins Spiel kommt, entschieden zu Gunsten des fertigen Denkmals ausgeschlagen.
Das Erzbild des Barons Josef Eötvös ist noch in Wien im alten k. k. Gußhause
gegossen, aber schon aus Anlaß des Deäk-Monnments errichtete eine ungarische Aktien-
gesellschaft für Metallindustrie in Budapest eine eigene Kunsterzgießerei, aus welcher
sämmtliche Metallbestandtheile dieses Denkmals in befriedigender Güte hervorgegangen
sind. Und unter dem Einfluß des immer fruchtbareren Kunstlebens gründete alsbald auch
die Wiener Firma Tnrbain eine Budapester Filiale, wo sie, ihrem alten Rufe gemäß,
alle Statuen des Araber „Märtyrerdenkmals" bestens gegossen hat. So hat Budapest
innerhalb kurzer Frist zwei Kunstanstalten gewonnen, wie sie in Ungarn seit der Renaissance
nicht bestanden haben.
Adolf Hnszär hatte soviel wie allein gestanden; er siegte bei jedem Wettbewerb und
überhäufte sich mit allen den schönen und großen Aufgaben, welche die Gunst des
Geschicks au ihn herantreten ließ. Und wie er, indem er das Erbe seines Vorgängers
antrat, sich in die Höhe gerungen, so theilten sich nun, wie wir gesehen, in seine noch
reichere Erbschaft zwei jüngere Talente, die von da an den Vordergrund behaupten: Alois
Strobl und Georg Zala. Strobl ist ein trefflicher Schüler der Wiener Akademie,
insbesondere Kaspar Znmbuschs; Zala hat sein schönes, schon daheim erwachtes Talent
zuerst gleichfalls an der Wiener, dann an der Münchener Akademie weitergebildet. Beide
haben sich durch gründliche Studien und persönliche Erfolge frühzeitig die Anerkennung
ihrer künstlerischen Großjährigkeit erkämpft.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch