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Der auf der Donau verkehrende Handel hielt mitunter auch am Pester Ufer an und
mancher findige Unternehmer und Frachter unterhielt von Pest aus einen sehr beträcht-
lichen Vermittlungshandel zwischen Ost und West. Zahlreiche serbische, maeedonische,
rumänische, griechische und bulgarische Familien ließen sich theils in Ofen (besonders in
der Raizenstadt, wo sie anch eigene Zünfte bildeten), theils in Pest nieder und trieben
einen lebhaften, einträglichen Handel zwischen der alten und neuen Heimat. Diese Familien
erwarben bedeutende Vermögen, ihre Mitglieder wurden zu hoch angesehenen Bürgern
der Hauptstadt und ihre Nachkommen sind heute von ganzem Herzen Ungarn.
Allerdings ist selbstverständlich das Alles nicht mit den heutigen Verhältnissen der
Industrie und des Handels zu vergleichen. In dem Maße, wie sich das Verkehrsnetz ver-
vollständigte, hob sich auch der Verkehr. Schon die Einführung der Dampfschiffahrt setzte
Budapest in die Lage, sich nach und nach im Handelsverkehr auf die nach seiner Lage
ihm zukommende Stufe zu erheben. Weiteres trugen dazu namentlich die Eisenbahnen bei,
obwohl anfangs nur in beschränkterem Maße, da sie nicht so geführt waren, daß die cen-
trale Lage und der hauptstädtische Charakter Budapests zur Geltung gelangen konnten.
Als jedoch der verkehrspolitische Hauptgrundsatz folgerichtig durchgeführt wurde, das
Eisenbahnnetz des Landes derart auszubauen und zu ergänzen, daß die Hauptverkehrs-
linien von Budapest ausgehen und wieder dort einmünden müssen, da nahm die Entwicklung
von Verkehr, Industrie und Volkswirthschaft in der Hauptstadt einen riesigen Aufschwung.
Man darf sagen, daß der Grund zu der industriellen und commercielleu Entwicklung
Budapests erst gelegt wurde, seitdem auch die Verkehrspolitik sich vor Augen hielt, daß
Budapest, als politische Hauptstadt der Länder der ungarischen Krone, auch zum Mittel-
punkt des Verkehrs und Umsatzes gemacht werden müsse. Und seitdem ist die Entwicklung
im wirthschaftlichen Leben der Hauptstadt eine erfreuliche, ja verhältnißmäßig geradezu
stürmische.
Auch der Haushalt Budapests läßt einen Schluß darauf zu, welche Summe von
Werth und Einkommen in der Hauptstadt ausgehäuft ist. Budapest zahlt beinahe ein
Zehntel der gesammten direkten Steuer des Landes; von der Haussteuer fällt ein Drittel
auf die Häuser der Hauptstadt, von der Steuer der Aktiengesellschaften ein Viertel auf die
daselbst thätigen Creditinstitute und Industrie-Unternehmungen. Der Haushalt der haupt-
städtischen Jurisdiktion beträgt heute nahe an 12 Millionen, wovon mehrere Millionen
für die Erhaltung der Straßen und Plätze, für Wasserleitung, Lagerhäuser, Schlachthaus,
Viehmarkt und den gewerblichen Unterricht aufgewendet werden.
Industrie und Handel bilden die Beschäftigung eines ansehnlichen Theiles der haupt-
städtischen Bevölkerung. Schon nach den mangelhaften Erhebungen vom Jahre 1885
waren sie die Haupterwerbsquelle von mehr als 20 Procent der Einwohner. Nach der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (3), Band 12
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (3)
- Band
- 12
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.49 x 21.91 cm
- Seiten
- 626
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch