Seite - 293 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
Bild der Seite - 293 -
Text der Seite - 293 -
293
Deutsche Dialecte in Tirol und Vorarlberg.
Während unser Land im Westen und Norden nur von Deutschen bewohnt wird und
Deutsche zu Greuzuachbaru hat, spricht mau im Südosten auch romanisch und der Süden
ist mit Ausnahme einiger deutscher Sprachinseln ganz von Romanen bewohnt. Die Grenz-
linie zwischen beiden Nationalitäten verläuft ungefähr so: mit der Wasserscheide zwischen
Noee und der oberen Etsch zusammenfallend, beginnt sie im Westen am Südabhang des
Ortlers und zieht sich in vielfachen Windungen gegen Osten. Sie geht südlich der vier
deutschen Gemeinden im Nonsberg (Proveis, Laurein, Unsere liebe Frau im Wald und
St. Felix) vorüber bis in das Gebirge nordwestlich von Eppan. Da wendet sie sich in
einem rechten Winkel nach Süden nnd läuft längs der am rechten Etschnser aufsteigenden
Kalkgebirge bis in das Thalgebiet bei Saluru. Dieser Ort uud Kurtiuig sind die beiden
deutschen Grenzdörfer, anderseits S. Michele uud Rover'e della luua die wälscheu. Am
liukeu Ufer der Etsch streicht die Grenzlinie am Eingang in das mittlere Avisiothal von
Neumarkt her beim Bräuhaus Kalteubruuu an der Straße vorbei und folgt dann jenem
Gebirgsrücken, der die Wasserscheide zwischen Avisio, Cordevole und Boite einerseits,
Etsch, Eisack und Rienz anderseits bildet. Im Avisivgebiet gibt es noch zwei deutsche
Dörfer, Trudeu uud Altrei, gegen Norden hinwiederum gehören Gröden und das Gader-
thal fast ganz zum romanischen Sprachgebiet. Gegen Fassa gilt Wälschnosen als
deutsches Grenzdorf, in Gröden sind die Ortschaften Pnfels, Überwasser und Ruugaditsch
uoch schwankend, St. Peter uud Laien aber rein deutsch. Im weiteren Verlauf setzt sich
die Trennuugsliuie längs der erwähnten Wasserscheide wieder fort und trifft im Gader-
thal auf das Gasthaus Palfrad, südlich von den deutschen Gemeinden Onach, Plaureuz
und Monthal. Östlich davon liegt sie zwischen Höllen- nnd Pentelstein, wo Ospedale die
ladinische, Schluderbach aber die deutsche Marke ist. Von nun an füllt sie wieder mit der
Wasserscheide zwischen Drau-Gail uud Piave-Tagliameuto zusammen, ist also zuerst ein
Stück weit die Landesgrenze, dann aber reicht das Deutsche uoch südlich über dieselbe hinaus.
Es gibt wohl uicht leicht einen so kleinen Erdenfleck wie das deutsche Sprachgebiet
Tirols und Vorarlbergs, auf dem so mannigfaltige und vou einander so verschiedene
Dialeete gesprochen werden. Dies hat mehrere Gründe. Zunächst haben die verschiedenen
Völkerschaften (Kelten, Rhäter, Romanen, Slaven und germanische Stämme), die gleichsam
über einander gelagert sind und sich gegenseitig abgelöst haben, auch in der Sprache sowie
in Ortsnamen unverkennbare Spuren zurückgelassen. Sodann hat die Nähe anders-
sprachiger Bewohner und der Verkehr mit ihnen die Sprache der deutschen Nachbarn
nicht unwesentlich beeinflußt. In einigen Landestheilen hat auch die, wenngleich kurze
Fremdherrschaft die Aufnahme fremderWörter zur Folge gehabt. Ebeuso kommt in Betracht,
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Tirol und Vorarlberg, Band 13
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Tirol und Vorarlberg
- Band
- 13
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1893
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.12 x 23.1 cm
- Seiten
- 624
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch