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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Tirol und Vorarlberg, Band 13
Seite - 349 -
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349 geschichtlich bei weitem überlegenen Völkern umgeben, sich in sprachlicher Hinsicht von diesen große Beeinflussung gefallen lassen mußten. Das mangelnde Bewußtsein einer einheitlichen Nationalität verhinderte auch die Entwicklung einer selbständigen gemeinladinischen Schriftsprache, denn wenn man anch den ladinischen Mundarten eine literarische Pflege von Seite Einheimischer nicht absprechen kann, so hat sich anderseits doch nur das westliche ladinische Sprachgebiet, das Bündnerische, wohl als eine Folge seiner politischen Unabhängigkeit, ein eigenes Schriftthum geschaffen und bis auf den heutigen Tag mit Erfolg zur Geltung gebracht, während das Friaulifche und Tirolische entweder das Italienische als Schriftsprache benützte oder aber sich einer besonderen ladinischen Schreibweise bediente, der eine allseitige Anerkennung bis jetzt versagt wird. Allein gerade dadurch, daß die ladinischen Idiome zu keiner schriftmäßigen Einheit gelangt sind, sondern nach Art eines zügellos dahinranschenden Wildbaches in freier, uneingeschränkter Weise in abgelegenen Gebirgs- thälern entstanden sind und sich, meist nur von einer ungebildeten bäuerlichen Bevölkerung gepflegt, in bizarren und unfertigen Formen fortentwickelt haben, erwecken sie nmsomehr das Interesse des Sprachforschers und bieten demselben nmsomehr zu anziehenden und lehrreichen Untersuchuugeu der vielfach von einander abweichenden Mundarten und Unter- mundarten Gelegenheit dar, als bei aller anscheinenden Zerklüftung und Verwilderung sich auch hier, wie in allen gesprochenen Idiomen eine von jeder Willkür freie Regelmäßigkeit zeigt. Es ist eine Folge dieser fessellosen Entwicklung, daß das Ladinische in vielen phone- tischen und morphologischen Erscheinungen nicht mit dem benachbarten Italienischen, sondern mit dem entfernten Französischen und Provenzalischen geht. So deckt sich lautlich enne- bergisches sv, kre, soröäl mit französischen soeur, krere, soleil. nicht aber mit italienischem svrellu, kratello, sole, und vergleicht man die ladinischen Idiome mit den alt- und neu- französischen Mundarten, so wird man dort nur wenige sprachliche Erscheinungen finden, die nicht in dieser oder jener Gegend Frankreichs ihr Adäquat fänden; so ist es gewiß interessant zu erfahren, daß der Enneberger, der Grödner und andere Ladiner bei der Bildung des Präsens gewisserVerba sich ganz von denselben Principien leiten lassen, wie der Bewohner von Lüttich; das wallonische buttkeis (ich taufe) ist rücksichtlich seiner morpho- logischen Erscheinung genau das eunebergische batieie; die Brechung vom geschlossenen e zu ei oder weiter zu ui in gewissen Gegenden Tirols und Granbündens erinnert genau an den französischen Vorgang und, um nur eine Mundart zum Vergleich heranzuziehen, es spiegelt sich ennebergisches trei (tres), paröi ( * purstem), eröi (creäit), skreiu (lrleat), lem (liFut), peis ( * pesu), möis mese), döi (klbit), nei (n!ve),vei (veru), ganz genau wieder in altfranzösischem treis, pureit, creit, kreie. Isis, peis, meis, deit, neit, veir; die Entwicklung des offenen gedeckten e zu ie wie grödnerisches piene (pecten), sies (sex),
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Tirol und Vorarlberg, Band 13
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Tirol und Vorarlberg
Band
13
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1893
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.12 x 23.1 cm
Seiten
624
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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