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Vollziehung der Strafe an Leib und Leben; dazu kam die Gütercoufiscation mit Verlust
der Freiheit, der die ganze Familie traf, oder mit Landesverweisung.
Das slavische Güterrecht baut sich auf der Familiengenossenschaft auf, die da war
ein Verein der durch Blutsverwandtschaft und durch Aufnahme untereinander verbundener
Individuen. Das liegende Gut (cköäina) bestand in ackerbaren Grundstücken und in Weide-
plätzen (obeiiia). Nach Auflösung der Familien- oder Dorfgenossenschaften waren es die
Weidegründe, welche nach wie vor gemeinsames Eigen der Insassen oder Nachbarn
(souseäe) verblieben. Das Ackerland trug Getreide (ödoZi) ein, die Weidegründe dienten
zur Thiernutzung (statek); beide Worte bedeuten heute das Gehabe, das Vermögen.
Die liegenden Güter waren im vorhinein zur Erhaltung der Angehörigen einer
Familie bestimmt; Arme gab es nicht, arm war nur der wegen Missethat Ausgestoßene
— der Böse, der Arme). Vererbungen kamen thatsächlich nicht vor, dagegen waren
Theilungen des Eigen zulässig. Dies waren die Gütergemeinschaften (spolk^), welche bis
auf die Neuzeit in vielen Adelsfamilien vorhielten und ihnen sicheren Schutz sowohl gegen
Verarmung als gegen Heimfälligkeiten boten.
Um nun auf die kirchlichen Verhältnisse überzugehen, so darf man den Premysliden
die Anerkennung nicht versagen, daß sie in der Förderung des Christenthums, im Bau
von Gotteshäusern, in der Gründung und Ausstattung von Klöstern außerordentlichen
Eifer an den Tag legten. Dieser Anregung folgten auch Adel und Volk, wenn auch so
manche Gebräuche heidnischen Ursprungs im Volke noch lange fortlebten.
Das Bisthum Prag umfaßte Böhmen und Mähren, bis in der zweiten Hälfte
des XI. Jahrhunderts für Mähren das Olmützer Bisthum errichtet wurde. Der Bischof
von Prag wurde ursprünglich vom Landesfürsten vorgeschlagen und von der Geistlichkeit
im Verein mit der Landesgemeinde angenommen oder abgelehnt. Der Gewählte wurde
vom Landesfürsten an den Kaiserhof entsendet, um aus deu Händen des Kaisers die
Investitur zu empfangen, worauf die Ordination durch den Mainzer Metropoliten folgte.
Zurückgekehrt, wurde er feierlichst zur bischöflichen Kirche auf der Prager Burg geleitet
und dort eingesetzt. Der Bischofzehent bestand in der Abgabe von Getreide, welches die
Archidiacone einsammelten. In kirchlicher Beziehung war das Land in Archidiaconate
eingetheilt, während bei den einzelnen Kirchen Plebane oder Parochen das geistliche Amt
versahen. Die Decanate kamen erst im XIII. Jahrhundert auf.
Die slavische Liturgie war in Böhmen, trotzdem das mährische Erzbisthum ein-
gegangen und das Prager Bisthum ganz ans lateinische Art eingerichtet war, noch lange
nicht in Vergessenheit gerathen, ja sie erhielt eine neue Stütze an dem etwa 1031
gegründeten Benedictinerkloster zu Säzawa, dessen erster Abt der in der slavischen Kirchen-
schule auf dem Vysegrad erzogene Prokop war.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (1), Band 14
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (1)
- Band
- 14
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1894
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.78 x 21.93 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch