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prächtigen Theaters, und Kaiser Josef II. selbst stellte dem Unternehmen das günstigste
Prognostikon, indem er auf das Concessionsgesuch des hochherzigen Cavaliers folgende
eigenhändige Zeilen schrieb: „Graf Blümegen! Die Uneigennützigkeit des Grafen Nostitz
machet alles gute für das Prager Publikum von diesem seinen Antrage hoffen." Als
Oberstburggraf von Böhmen, also erster Würdenträger des Landes, vermochte Nostitz
(geboren 17. Mai 1725) leicht alle dem Werke entgegenstehenden Schwierigkeiten zu
beseitigen, am Ostermontag des Jahres 1783 wurde das nach den Plänen des gelehrten
Grafen Küuigl mit einem Kostenaufwand von 60.000 Gulden erbaute, ,patriae et
musis", dem Vaterland und den Musen, geweihte Haus mit Lessiugs „Emilia Galotti"
festlich eröffnet.
Große künstlerische Ereignisse hat diesesTheater während seines nunmehr 111jährigen
Daseins erlebt; die Weltgeschichte und die nicht immer friedliche und erfreuliche Local-
geschichte Prags hat ihre Schatten auf das ehrwürdige Haus geworfen. Das (deutsche)
hochgräflich Nostitz'sche „Nationaltheater" hieß es zum Unterschied von den anderen
Theatern, welche neben ihm bestanden und vergingen, „Nationaltheater" in jenem Sinne,
in welchem Josef II. das Burgtheater als Natioualschaubühue orgauisirt wissen wollte,
als ein ständiges Heim der gereinigten, edlen deutschen Dichtung und Kunst. Hier gingen
Lessiugs Dramen und Lustspiele in Scene, hier gab man dem großen Briten und den
Classikern der Franzosen das Wort, und als Graf Nostitz dem Impresario Pasquale
Boudiui den Pacht seines Musenheims übertrug, wurde darin eine für die ganze Musik-
nnd Theaterwelt mustergiltige italienische Oper installirt, welche Wolfgang Amadeus
Mozart als die beste Interpret!« seiner unsterblichen Werke erklärt hat. Schon 1782
hatte die Wahr'sche Gesellschaft im Kotzentheater „Die Entführung aus dem Serail" vor
einem enthnsiasmirten Publikum aufgeführt. Als man nnn 1786 Mozarts „Figaro" aus
dem Wiener Repertoire hinausiutriguirte, bemühten sich die Prager Verehrer des Meisters,
namentlich die geniale Sängerin Josefa Dnschek und deren Gemal den Wiener Freund
durch einen wahren Mozart-Cultus in Prag zu entschädige». „Figaros Hochzeit" errang
im Nostitz'schen Nationaltheater einen noch nie dagewesenen Erfolg; im Januar 1787
wurde der Meister selbst dessen Zeuge und am 29. October 1787 ging unter seiner
Leitung im Nostitz'schen Nationaltheater zu Prag sein herrlichstes Werk „Don Giovanni",
die Oper aller Opern, zum ersten Male in Scene. Impresario Bondini hatte um den
Preis von 100 Ducateu dieses Werk bei dem Liebling des musikalischen Prag bestellt,
und in Prag selbst, zumeist in der dem Paare Duschek gehörigen Villa „Bertramka"
bei Smichov, entstanden einige Perlen seiner Musik. Großartig war der Jubel und Erfolg
dieses denkwürdigen Mozart-Abends, welcher Prags Oper in den Mittelpunkt der
musikalischen Welt stellte. ,vc>n (iiovurmi ossia il Vissolutv puniw" hieß die Oper auf dem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch