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Böhmen entsandten „grauen Mönche" nin die Einführung der Gothik im Lande unstreitig
große Verdienste.
Unter den Schöpfungen der Frühgothik sind zwei heute noch an erster Stelle
zn nennen, nämlich das in allen wesentlichen Bestandtheilen eines Cistereienserklosters
wohlerhaltene S t i f t Hohenfnrt , von dessen alterthümlichem Bilde die Hand eines
modernen Restaurators glücklicherweise nur die feinen Lasuren genommen hat, und das
fast gleichzeitig gegründete Goldenkron. Auf einer mäßigen Anhöhe des Moldauthals
hatte Peter Wok I. von Rosenberg, der beim Durchreiten des hochangeschwollenen
Moldanflusses von der heiligen Maria aus Lebensgefahr gerettet worden sein soll,
das erstgenannte Kloster gegründet, welches 1259 Mönche aus Wilhering in Ober-
österreich bezogen. Noch heute grüßt die hochragende Stiftskirche, deren Bau sich bis
gegen die Mitte des XIV. Jahrhunderts hinzog, weithin über die später hinzugekommenen
Gebäude ins Thal hinaus; nur der Chor mit den Kapellenvorlagen, der auf den für
die Anlage deutscher Cistercieuserklöster so beliebten Grundriß von Fontenay zurückgeht,
das Querhaus, die offenbar ursprünglich als Jnterimskirche verwendete Sacristei, der
Kapitelsaal mit dem prächtig decorirteu Säulenbündel als Wölbungsträger und dem
schönen Rundfenster, sowie der nördliche Kreuzgangsflügel gehören in die Zeit der
Frühgothik. Die übrigen Theile der Kirche zeigen, wie besonders das Maßwerk der
Langhausfenster und des reichgezierten sechstheiligen Prachtfensters über dem Westportal
schließen läßt, bereits entwickeltere gothische Formen, die anch in den anderen drei Kreuz-
gangsflügeln vorherrschen; die Idee der Brunnenhausanlage geht in die erste Bauperiode
zurück. Ebenso beachtenswerth wie der aus zwei Seiten des Dreiecks gezogene Schluß der
beiden äußeren Kapellen der Chorpartie, welcher ein Unicnin nicht nur unter den öster-
reichischen, sondern auch unter den deutschen Cistereienserbauten ist, sind die romanischen
Nachklänge an den beiden Sacristei-Eingängen. Von diesen besitzt der zum südlichen
Onerhansflügel führende Eingang, dessen mit Knospencapitälen ausgestattete, angeblendete
Säulen noch das Eckblatt festhalten und gleich dem Rundstabe des spitzbogigen Abschlusses
in der dem romanischen Stil so geläufigen Art glatt behandelt sind, die schöne Tympanon-
scnlptnr, nach welcher der Segen des Herrn den traubenreichen Weinstock der Kirche gegen
die Augriffe des in Fuchsgestalt naheudeu Feindes in Schutz nimmt. Mit der Hohenfnrter
Stiftskirche setzte das Princip des Hallenbanes ziemlich früh in einem großen Banwerke
Böhmens ein, denn sie präsentirt sich als dreischiffige Hallenanlage mit fünf schlanken
Pfeilerpaaren und legt an beide Flügel des Querhauses neben dem Presbyterium je zwei
Kapellen vor, mit welch letzterer Anordnung sie genau die Cistercieusertraditiou wahrt.
Ein minder günstiges Schicksal als der noch nach jahrhundertelangem Bestand
wohl erhaltenen Rosenberg'schcn Stiftung iu ihrem dem Weltgetriebe mehr fernen Winkel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch