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Begnadungen auch gewisse Vorrechte, besonders im Handel mit Tuchen, Rauhwaaren und
Leder, verliehen (1279), welche Artikel hier frühzeitig in großer Menge und besonderer
Güte erzeugt wurden. Längs des Egerslnsses nächst der Stadt entstanden schon im Laufe
des XIV. Jahrhunderts außer etlichen Mahlmühlen und Brettsägen, einer Walkmühle
nud dem Farbhause des städtischen Tuchmacherhandwerks viele größere und kleinere
Lohmühlen und Gerbereien, die dieser Gegend ein besonderes gewerbliches Gepräge ver-
liehen. Die Lederer, welche den größten Theil der Bruckthor- und Schiffthor-Vorstadt
bewohnten, nannte man insgemein „die Reichen".
Karl IV. ließ es sich angelegen sein, die Zünfte in Böhmen entsprechend zu
reorganisiren und förmliche Zunftordnungen festzustellen, so insbesondere bei der Tuch-
macherei, wodurch das Vertrauen in deren Erzeugnisse gefestigt wurde. Die Tuchmacher
zu Reichenau an der Knezna erhielten 1378 ein Privilegium; es trug dieser Gemeinde
die Bezeichnung „Tuchstadt" ein: ,3oukenickx k^cknov*. In vielen königlichen
Städten wurden auf Karls Geheiß ueue Innungen aufgerichtet, von denen einzelne
wieder besondere Vorrechte erlangten, wie denn z. B. die Prager Waffenschmiede
gänzliche Steuerfreiheit genossen. Zumeist damit begnadet, ein eigenes Wappen und eine
Fahne zu führen, traten die Zünfte auch nach außen mit einer gewissen Würde auf,
was zur Erhöhung ihres Ansehens wesentlich beitrug. Die Reihenfolge, welche die
Zünfte bei öffentlichen Aufzügen einzuhalten hatten, war genau bestimmt. Voran zogen
die Fleischhauer, alsdann die Goldarbeiter, die Plattner mit den verwandten Gewerben,
die Kürschner, die Schneider, die Messerschmiede, die Schuhmacher, die Mälzer, die Bäcker,
die Binder, die Tuchmacher, die Bader und die Krämer, alle mit ihren Bannern und
sonstigen Abzeichen. Mit dem äußeren Ansehen wuchs in den Handwerken auch das
Staudesbewußtsein. Man darf die Karolingische Zeit ein goldenes Zeitalter des Handels
und des Gewerbes in Böhmen nennen.
Auch die nicht streng gewerbliche Thätigkeit erfuhr wohlwollende Berücksichtigung.
Die Schiffahrt auf der Elbe und Moldau gedieh von Jahr zu Jahr trotz mannigfacher
Eingriffe von Magdeburg und Hamburg her; Melnik, Leitmeritz, Aussig und P i rna
(damals zu Böhmen gehörig) entwickelten sich zu stattlichen Stapelplätzen. Die Anlegung
eines neuen Stadttheiles in Prag (der heutigen Neustadt) schaffte dem Verkehr der
Landeshauptstadt freiere Bewegung. Auch die Gründung der Prager Universität konnte
nicht ohne wohlthuenden Rückschlag, wie auf die Lebensführung im Lande, so auf Handel
und Wandel, auf Kunst und Wissenschaft und darum auch auf das gewerbliche Leben
bleiben. Die Maler und Schilder stifteten 1348 eine Bruderschaft, die im selben Jahre
die behördliche Genehmigung erlangte. Dieser „Malerzeche" traten auch die Goldschläger,
die Permeter und Schriftenmaler, die Bildschnitzer und Bildhauer, endlich auch die Glaser
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch