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Gutsnachbarn, die Grafen Vineenz Waldstein in Münchengrätz und Josef Bolza
in Cosmanos, zn bestimmen. Bereits im Jahre 1763 eröffnete Graf Bolza deu Betrieb
eines umfangreichen, nachmals vielberühmten Etablissements, der gegenwärtig größten
continentalen Cottondrnckerei von Josess thal -Cosmanos .
Neuerdings am 24. März 1764 erschien ein Zol lpatent und legte ans eine große
Anzahl von Industrie-Artikeln der Woll-, Baumwoll-, Seiden-, Metall- und Glaswaaren -
brauche ein förmliches Einfuhrverbot. Gleichzeitig damit trat aber die „Commercial-
Abstemplnng" der inländischen Fabrikate zur Unterscheidung jener fremdländischer
Provenienz in Wirksamkeit: eine bald überlästige und bei der Art ihrer Handhabung
ziemlich unnütze Einrichtung. Von durchaus günstigen Folgen war jedoch ein anderes
kaiserliches Patent, vom 20. Juli 1765, begleitet, durch welches in Böhmen der bisherige
Zwang der Tuchmachermeister ansgehoben wurde, nur auf je Einem Stuhle arbeiten zu
dürfen. Damit war auch in diesem Handwerke dem freien Wettbewerb die Bahn geöffnet
und der Geschicklichkeit und dem Fleiß die Möglichkeit geboten zur Geltung zu kommen.
Ein großer Übelstaud für die sich im Ganzen stetig ausbreitende Weberei sowohl
iu Wolle als auch in Leinen und nun auch in Baumwolle lag in dem eonstanten
Mangel an den benöthigten Garnen; die Spinnerei hielt nicht entfernt gleichen Schritt
mit der Weberei. Es war darum eiu naheliegender Gedanke, diesem Mangel durch
cutsprechende Anleitung der ärmeren Classen der Bevölkerung nach Thnnlichkeit abzuhelfen.
An Magistrate und Dominien erging die Aufforderung zur Errichtung von Sp inn schulen.
Und schon im Juni 1765 wurde die erste Schule dieser Art in Böhmen eröffnet, und zwar
in Zvikovec (Kreis Pilsen). In einmonatlichen Lehrenrsen erhielten dort, nach einem
von dem Eommercien-Jnspectoratsverwalter Josef Bock entworfenen „Regnlament", die
zumeist weiblichen Arbeitskräfte vollständige technische Ausbildung im Spinnen und
Krempeln der Wolle, der Baumwolle und des Flachses. Die Anstalt slorirte derart, daß
schon im ersten Jahre ihres Bestandes „unterlegte" Schnlen in den entfernteren größeren
Orten Zbirov uud Kozlau etablirt werdeu konnten. Ein Patent vom 27. November
1765 ermunterte zu weiteren Gründungen, die nicht ausblieben. Eine neue, verschärfte
„Spinnordnung" vom selben Jahre regelte nochmals insbesondere den Handel mit
Leinengarnen. Ein durch den Druck vervielfältigter „Flachsban-Unterricht" wurde in
Tausenden von Exemplaren an die Flachsbauer des Landes vertheilt.
Graf Josef M. Kiusky entfaltete eine geradezu fieberhafte Thätigkeit. Auf seinen
Besitzungen entstanden fortwährend neue große Unternehmungen, so außer den schon
erwähnten Etablissemeuts der Baummollbranche und der Druckerei eine Leinwand- und
Wachsleiuwaud-, eine Spiegel- uud Folien-, eine „Gezogenes-" und eine Zwillich-
fabrik, eine Schönfärberei, etliche Garn- und Leinwandbleichen, eine Hutfabrik u. s. w.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Böhmen (2), Band 15
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Böhmen (2)
- Band
- 15
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.07 x 22.35 cm
- Seiten
- 708
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch