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statt eines Reichthums an Details durch einen mittelst einfacher Bestandtheile hergestellten
bedeutenden Jnnenranin gepackt. Die Kirche, die in dieser Hinsicht jenseits der Donau
keine Nebenbuhlerin hat, wurde in den Jahren 1863 bis 1864 durch Franz Storno
restanrirt, bei welcher Gelegenheit im Inneren wie am Äußeren Spuren alter Malerei
zu Tage traten. Aus der Zeit der Restauration stammen die Details des Hauptthores,
die gemalten Glasfenster, der Altar, die Kanzel, das von der Decke niederhängende Kreuz,
kurz die ganze Ausstattung der Kirche.
Das dritte gothische Bauwerk Ödeuburgs war einst eine Klosterkirche der
Franciscaner, jetzt gehört sie den Benediktinern. Sie ist aus behanenem Kalkstein
sorgfältig erbaut. Aus der bei Kirchen der Bettelorden ungewohnten Festigkeit des
Baues läßt sich schließen, daß sie einen freigebigen Gründer hatte, vielleicht denselben,
dessen Wappenschild, mit einer Ziege, die Stirnwand des Thurmes schmückt, ein Wappen,
das sich auch in der Kirche zweimal wiederholt. Beigetragen mochten dazu auch die
Vergünstigungen haben, mit denen die Könige Bela IV., Stephan V. und Ladislans IV.
in der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts die Stadt überhäuften. Anch die Sage von
ihrer Entstehung bewahrt die Erinnerung daran, daß die Kirche nicht durch ärmliche
Mittel zustandegebracht wurde. Ein Hirtenknabe soll sie erbaut haben mit Hilfe eines
großen Schatzes, den der Huf seiner Ziege aus dem Boden gewühlt. Nach einer
Aufzeichnung in der Chronik der Franciscaner wurde der Bau 1280 begonnen, und es
darf als sicher gelten, daß er nach dem ursprünglichen Plane in dem nämlichen Jahrhundert
auch ohne Stockung und Änderung beendigt wurde. Dafür spricht die Einheitlichkeit der
unveränderten Anordnung und jener Theile des Aufbaues, die sich am Äußeren und im
Inneren erhalten haben.
Das in drei Schiffe und neun Joche getheilte Haus ist fast quadratisch. Dem
Mittelschiff schließt sich das etwas breitere Sauctuarinm an, mit zwei Jochen und
dreiseitigem Abschluß. Die schmäleren Seitenschiffe schließen mit einer geraden Wand
ab. Zwei charakteristische Züge fallen auf; die Schiffe sind nämlich durch schlanke, glatt-
schäftige Säulen, und zwar je zwei getrennt, ferner sind die Seitenschiffe ebenso hoch
wie das Mittelschiff, d. h. das Gebäude ist eine sogenannte Hallenkirche. Der Ausbau
zeigt in jeder Einzelheit den frühgothischen Charakter. Solche Details sind: die birn-
förmigen Profile des gewaltigen Gurtbogens, der das Schiff vom Sanctnarinm scheidet,
sowie der Gewölberippen des Sanctnariums; dann die Gliederung der Pilaster, deren
Capitäle mit zwei Reihen von fünflappigen Weinblättern verziert sind; ferner die mit
langstieligen Knospen verzierten Sänlencapitäle, die Gliederung der Leibungen der Fenster,
welche den ganzen Zwischenraum der Stützpfeiler einnehmen und sich bis an den Dach-
vorsprung emporstrecken, sowie das einfache Maßwerk der Fenster. Dasselbe gilt von dem
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch