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aufgerichteten kirchlichen Gebäude, mit denen Füufkircheu im vollsten Sinne des Wortes
ummauert und auch uoch im Innern befestigt ist, geben der Stadt, nach der treffenden
Bemerkung des Canonikns Michael Haas, anderen Städten gegenüber einen eminent
römisch-katholischen Charakter, neben dem das hübsche Kirchlein der Evangelischen A. C.
und der im maurischen Stil reich ausgestattete Tempel der Jsraeliteu sich nicht geltend
machen. Es sind zusammen zwölf Kirchen, meist alte Bauwerke oder aus den Ruinen
wiedererstandene; etliche sind von den Türken ererbt und zu christlichem Gebrauch
umgestaltet und geweiht. Von den Klöstern, die sich einst im Umkreise und Weichbilde der
Stadt erhoben, keimt man nur uoch die Stätten, und unter diesen eine sehr denkwürdige.
Das Kloster auf dem Jakobsberge, über Patacs, war das erste Kloster der Pauliner
(bärtigen weißen Mönche) nnd hat für uns ein dreifaches Interesse. Denn dies ist der
einzige ungarische, aus der Gesellschaft der ungarischen Kirche hervorgegangene Orden,
und er war ein ganz aristokratischer Orden, dessen Mitglieder den vornehmen Familien
des Landes angehörten; und die Heimat dieses Ordens war Baranya. Sein erstes Kloster
wurde durch Bartholomäus, Bischof von Füufkircheu, erbaut. Dieser ungarische Mönchs-
orden wurde gleichzeitig mit der ungarischen Goldenen Bulle geboren, die er auch nicht
lange überlebt hat. Im Jahre 1786 wurde er aufgelöst und sein letztes Mitglied Kaspar
Kristöffy starb um 1845. Doch bevor dieses Kloster in Trümmer sank, war es in einer
anderen und praktischeren Richtung schon ersetzt, indem einer der gelehrtesten Bischöfe
Fünskirchens, Georg Klimö, seine reiche Bibliothek der öffentlichen Benützung überließ und
dadurch die erste öffentliche Bibliothek in Ungarn schuf, deren geistvolle Aufschrift, nach
mancherlei heilsamen Lehren, mit den Worten schließt: ,vitior ubito kreczuentiu8 recliw."
(Gehe reicher von dannen, kehre öfter zurück.) Unter den zahlreichen Kirchen und Kapellen
seien mir einige von historischem Interesse erwähnt. Die Allerheiligenkirche, am Berg-
abhang über der nordöstlichen Ecke der inneren Stadt, ist nach dem Dom die älteste in
Fünfkirchen; sie war zur Türkenzeit die einzige, die der römisch-katholischen Kirche zur
Benützung stand, und damit zugleich Kathedrale. In ihrer Nähe wird auch ein Häuscheu
gezeigt, das damals bischöfliche Residenz gewesen sein soll. Nordöstlich von ihr, ans noch
höherem nnd ungemein aussichtsreichem Hügel steht die Kapelle Maria Schnee (kZavi
IZvIdogassinn^ zum Andenken an eine Seuche errichtet, indem das dankbare Volk das
Baumaterial auf den Knien rutschend hinauftrug. In der Stadt steht neben dem Bürger-
spital die runde Kirche, ein Ban von geringem Durchmesser mit 18 Meter hoher Kuppel,
mit wohlerhaltenem, aus behaueueu Quadern gefügtem Minaret; auf dem Szechenyiplatz
erhebt sich die städtische Pfarrkirche. Beide sind türkische Bauten, und zwar gewaltige und
meisterlich durchgeführte. Die herrliche Kuppel dieser Kirche ist nahe an 30 Meter hoch.
Sie ist der höchste europäische Bau der Türken.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch