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selber zog sich, von einer Kugel und einem Lanzenstich verwundet, erschöpft hinter eine
Schutzmauer zurück, um dort den letzten Heldenkampf zu kämpfen. Die blutige Entscheidung
nahte. Mittlerweile versammelten sich die Greise, Frauen und Kinder aus der ganzen
Stadt bei der St. Jakobskirche und harrten angstvoll ihres Schicksals. Als sie dann den
verwundeten Helden, ihren geliebten Beschützer mit seiner zusammengeschmolzenen Schar
zurückweichen sahen, machte sich ihre Verzweiflung in einem furchtbaren Jammergeschrei
Luft. Der nachstürmende Feind hielt, durch das ungewöhnliche Getöse überrascht, diesen
Ausbruch für den der Freude ob des Herannahens oder gar Eintreffens einer Hilfsschar;
plötzlicher Schreck übermannte ihn, seine Reihen schwankten, lösten sich, wichen. Voll
Geistesgegenwart benützte die tapfere Besatzung diesen günstigen Augenblick und griff die
Türken so kräftig an, daß sie unter Zurücklassung zweier Fahnen in wilder Flucht das
Weite suchten. „Gott und die Menschen streiten für die Stadt," sagten die Janitscharen,
„gegen Allahs Willen können wir nicht siegen." Ibrahim, der die Lage der Besatzung viel
zu günstig beurtheilte, wurde von Kleinmuth übermannt oder, was wahrscheinlicher, er fühlte
sich durch seine Freundschaft für Jurisich bewogen, neue Unterhandlungen zu versuchen.
Diese hatten den Erfolg, daß Jnrisich von zehn Türken in die Stadt zurückbegleitet
wurde, die auf der Bresche Wache stehen und die etwa Nachdrängenden zurückhalten
sollten; eigentlich aber hatten sie die türkische Fahne auf der Stadtmauer aufzupflauzeu.
Unterwegs ersuchte der Janitfcharen-Aga Jurisich, er möge ihm gestatten, die Citadelle
zu besichtigen. „Nein", sagte Jurisich, „dort haben ergrimmte Spanier und Deutsche die
Wache, die dein Lebeil nicht schonen würden; übrigens steht die Citadelle gar nicht unter
meinem Befehl." Der Aga wagte vor Schrecken nicht weiter zu gehen, sondern blieb zurück
und ließ nur die gemeinen Janitscharen unter das Thor der Citadelle treten, wo sie
reichlich mit Wein bewirthet wurden. Als dieses Getränk gehörig wirkte, bestiegen sie mit
Jurisich' Erlanbniß die Festungsmauer und steckten auf den Thürmen acht rothe Fahnen
aus. Dieser Anblick befriedigte das militärische Ehrgefühl Ibrahims, der nun sofort
Anstalten zum Abzug des Heeres traf, nachdem er noch Jurisich ersucht hatte, für seine
nicht transportablen Verwundeten uud Kranken sorgen zu wollen. So zog der Sultan,
uach dreiwöchentlicher Belagerung, am 31. August von Güns ab. Dieser Waffenthat hatte
es Ferdinand zu verdanken, daß seine Scharen Zeit gewannen, sich bei Wien zn sammeln;
als der Sultan dies erfuhr, nahm er seinen Weg nicht nach Wien, sondern nach Steiermark
uud kehrte über Warasdiu und Belgrad nach Constantinopel zurück. Jurisich hatte also
Wien gerettet, und die Türken zum Rückzug veranlaßt.
Während des Bocskay'schen Ausstaudes wurde die Stadt 1605 durch den Heidncken-
sührer Gregor Nemethy belagert, wo denn die bedrängte und ihre Treue gegen Rudolf
wahrende Bürgerschaft Thomas Nädasdy, den Pfandbesitzer der Beste Güns, aufforderte,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (4), Band 16
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (4)
- Band
- 16
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1896
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.18 x 21.71 cm
- Seiten
- 616
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch