Seite - 144 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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benachbarten Dörfer und Städtchen wird da gepilgert in frommer Erinnerung daran, wie
Christus mit seinen Jüngern nach „Emaus" ging. An diesem Tage und am Osterdienstag
wird durch ganz Mähren bei Deutscheu und Slaven „gefchmeckostert". Hierbei spielt eine
aus Lederstreifen oder aus dünnen Rutheu geflochtene Peitsche die Hauptrolle. Mit dieser
bewaffnet gehen Montags die Burschen auf die Mädchen, Dienstags die Mädchen auf die
Burschen los. Da gibts auch keine Schonung; je kräftiger die Hiebe, desto wärmer ist das
gegenseitige Gefühl der Freundschaft oder der Liebe. Ein rothes Ei ist der Zoll, der von
weiterer Bedrängniß löst. Das Osterei ist das Symbol des beginnenden Lebens in der
Natur. Frühzeitig wurden die Ostereier gefärbt, zumeist roth (Farbe des Lebens) und
gelb (nach der Sonne als Spenderin des Lebens), aber man malte bald auch verschiedene
Figuren darauf, so namentlich den Hahn, der der Göttin Ostara geheiligt war. In späterer
Zeit ist auf den Ostereiern sehr oft die Gestalt des Lammes mit der Siegesfahne zu sehen.
Die christliche Bedeutung des Osterfestes kommt so zur Geltung. Bald wurden auch
verschiedene Sprüchlein auf die Eier aufgeschrieben, die dem kleinen Geschenk eine besondere
Deutung gaben. Was der Mund zu sagen zögerte, das sagte oft eiu solcher Spruch. Die
„Kunst des Eiermalens" wird besonders im Kuhläudchen geübt. Daß dieselben Verslein
häufig wiederkehren, ist natürlich. Einige derselben dürften wohl interessireu, so z. B.
mundartlich:
„Adje, klaeues Waldvegerlai,
Schweing' Dich zue Haezlievste nai,
oder die Gewissensfrage:
„Schotz, iech muß Deich fröge.
Thu m'r de Wahrheit söge: Ni zu huoch onu ni zu nieder, —
Breiug m'r a gude Botschaft wieder!"
Lievst Du mich vum Haeze rain —
Ober ies u'r Dai Norretai?"
Der wahre Lenzmonat ist der Mai. Er ist auch der Mond der Liebenden, die seine
Ankunft mannigsach feiern. Einst war die Sitte ganz allgemein, daß in der Nacht vor
dem 1. Mai die Bnrfchen vor dem Hause des Liebchens einen stattlichen Ma ibaum
aufrichteten. Das nahm so überhand, daß bereits 1748 ein eigenes Decret des mährischen
Tribunals an den Rath der k. Stadt Olmütz erging, wodurch es verboten wurde
„wegen der daraus entspringenden Beklemmigkeit und Theuerung an Holtz". — Die
Nacht vom 30. April auf den 1. Mai ist eine verrufene Nacht, in welcher die Hexen ihr
Unwesen treiben. Da haben auch die Thiere von ihnen zu leiden. Das Volk sucht den
letzteren verschiedentlich zu Hilfe zu kommen. Man legt Messer — die Schneide aufwärts
— auf oder unter die Schwelle der Stallthüre, steckt Birkenreiser auf dem Düngerhaufen
auf und gibt wohl auch hinter die Stubenfenster die geweihten Zweiglein der Sahlweide.
An Kreuzungen im Walde oder aber auf kleinen Plateaus oberhalb der Dörfer an den
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch