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Zur Hochzeit wird geladen, „wo ein Fenster ist", das heißt von Haus zu Haus.
Die Einladung wird gewöhnlich dreimal wiederholt, denn die gute Sitte fordert, daß
sich der Geladene „recht schön" bitten lasse. Zuerst, Sonntag nach dem ersten Aufgebot,
ladet der Bräutigam mit der Braut. Am Moutag vor der Hochzeit wiederholt die
Einladung der Bräutigam mit dem Brautwerber und gleich nach ihnen die Brant mit
der ersten Kranzeljnngfer. Wer znr Hochzeit zu kommen gedenkt, reicht dem Ladenden ein
Brot. Der Brautwerber schneidet davon ein Stückchen ab und hebt es auf. Die Brotschnitte
werden dann gezählt, damit man wisse, auf wieviel Hochzeitsgäste man beilänsig rechnen
solle. Wer am Hochzeitstag nicht rechtzeitig eintrifft, um den wird noch ein Brautführer
geschickt.
Montag abends bringen die Mnsiker dem Bräutigam und der Braut ein Ständchen
dar. Dienstag früh versammeln sich beim Bräutigam der Brautwerber, die Braut-
führer und die Gäste aus der Verwandtschaft und Freundschaft des Bräutigams; bei
der Braut die Brantmulter (starä svsllca), die Kranzeljnngfern, der Sprecher der
Brant (teemk) und andere Gäste. In beide» Häusern steht für die Gäste ein frugales
Frühstück bereit. Nach dem Frühstück machen sich die beim Bräutigam versammelten Gäste
ans deu Weg zum Hause der wartenden Brant. Hat diese ihr Domieil in einer anderen
Gemeinde, so stehen vor dem Hanse des Bräutigams die nöthigen Fuhrwerke für die
Gäste bereit. Wie ein Hochzeitslied besagt, wünscht sich die hannakische Braut, der
Bräutigam möge sie abholen kommen mit 30 Rossen, die Räder am Wagen sollen sein
von Lebzelt, die Wagenflechten von Zucker, die Rosse mögen mit Gold bedeckt und die
Peitsche von Gold sein und der Herzallerliebste im Purpurgewaude prangen.
Wenn auch dieser poetische Wuusch nicht haarklein in Erfüllung ging, so bot doch
der hannakische Hochzeitszug einen prächtigen, malerischen Anblick. Die Fnhrwerke waren
zwar in früheren Zeiten gewöhnliche Leiterwagen, aber anf die Ausrüstung derselben,
namentlich der Rosse, wurde die größte Sorgfalt verwendet. Vor den für die Braut
bestimmten Wagen waren sechs Pferde, womöglich von gleicher Farbe und Größe gespannt,
die übrigen Wagen waren vier- und zweispännig. Geschmückt waren sämmtliche Rosse mit
zierlichem Hochzeitsgeschirr, die Schweife und Mähnen mit rothen Bändern durchflochten,
von ihren Köpfen wallten mächtige Federbüsche herab. Der Bräutigam und die Braut-
führer ritten ebenso reich geschmückte Rosse, deueu sie uoch außerdem um die Brust ein
sogenanntes Leipziger Tnch banden, das der Bräutigam von der Braut, die Brautführer
vou ihren Kranzeljungfern zum Geschenke erhielten. Außer ihrer malerischen Nationaltracht
trugen die Reiter eine rothe oder weiße Schürze, die ihnen als Sattel diente.
Beim Branthanse angelangt, finden sie die Thüre verschlossen. Nach längeren
Reden und Gegenreden und nach entsprechenden Wechselgesängen wird geöffnet, und der
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch