Seite - 506 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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das lange Dorf Mo st y aufwärts zum Jablunkauer Passe (550 Meter), begleitet von dem
Schienenwege der Eisenbahn, welche die Flachmulde der Paßhöhe durch einen 600 Meter
langen Tunnel unterfährt und jenseits desselben nach Ungarn hinabsteigt. Ans naher
baumloser Kuppe zeigen sich die alten Schanzen, jene aus Quadern errichteten Wälle, welche
zum Schutze der nach Ungarn ziehenden Heerstraße im XVI. Jahrhundert errichtet wurden.
In der Gegenwart haben diese Erdwerke ihre strategische Bedeutung verloren und gras-
nnd moosbewachsene Trümmer beweisen den allmäligen Verfall der einst vielumstrittenen
Stätte. Heute freuen wir uns der schönen Landschaft, die der Jablnnka-Paß vor uns
ausbreitet. Interessant ist die östlich liegende 839 Meter hohe Girowa, der „Hexenberg"
unserer Beskyden. Auf seinem imposanten Rücken versenkte sich 1773 der unvergeßliche
Kaiser Josef II. in die Betrachtung dieses unentweihten Naturbildes. Einsam und still
ist es über dem weiten Thale der Lomna, der entlang die Waldstraße eine zweite
Silberbahn nach Westen zieht. Nicht der Pfiff der Locomotive, nicht das Pochen des
Eisenhammers stört den Frieden dieser paradiesischen Einöde. Wald und wieder Wald,
dazwischen ein idyllisches Forsthaus oder die weltverlassene Holzhütte des Goralen, das
bildet die Scenerie für stundenweite Wanderungen. Von den rings blauenden Bergen
erwähnen wir die dunkle Kozubowa mit ihren waldigen Vorbergen, ferner den Uplaz,
den Polom (1067 Meter) und die Skatka (928 Meter). Unsere Aufmerksamkeit fesselt
insbesondere das wunderliche Felsengebilde des Kiezera-Rückens. Es ist ein seltenes
Vorkommniß in dem ostschlesischen Gebirge, daß nacktes Gestein zutage liegt, hier doppelt
interessant im weichen Grün einer üppigen Vegetationsdecke. Von dem Oberlaufe der
Lomna gelangt man über den waldigen Sattel des Lacznöw (823 Meter) hinab ins Thal
von Morawka und längs des Hauptkammes der Beskyden zur vielbewunderten Aussichts-
höhe beim „Weißen Kreuz". Nicht immer jedoch ist es so träumerisch still im romantischen
Gehege der Lomna. Wenn rings in den Bergen heftige Gewitter niedergehen, dann
schwillt das unscheinbare Gewässer zum tosenden Wildbach an, zertrümmert Brücken und
Stege und wälzt die verheerenden Fluten auf Meilen hinab in das niedere Land.
Bon Jablunkan gegen Osten wendet sich an 12 Kilometer lang das obere Olsathal
zur galizischen Grenze. Das helle Flußband und die Straße führen uns zu dem auf offener
Höhe liegenden Goralendorfe Jstebna. Von da über Koniakan passirt die Chaussee die
schlesisch-galizische Grenze und zieht jenseits ins Solathal hinab. Zur Rechten strebt die
weitschauende Hochwarte des Ochozdito (894 Meter) aus den Waldbergen auf. Ihre Kämme
thürmen sich theils auf schlesischem, theils auf ungarischem, theils auf galizifchem Gebiete auf.
Auf dem Ochozdito stehen wir zugleich an der Wiege der Olsa. Zahlreiche Quellenbächlein
vereinigen sich im geheimnißvollen Waldesschatten zu jenem glitzernden Faden, an den sich
Perle an Perle die schönen Bilder reihen, die uns das Olsathal so reichlich geboten hat.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch