Seite - 558 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Speisen als am Kirmeßfeste. Da finde» wir znm Frühstück Kuchen und einen guten Kaffee,
ebenso zur Vesper. Beim Mittagsessen ist die Nudelsuppe unentbehrlich. Fleischspeisen
gibt's oft fünf, gekochtes Rindfleisch mit Krentunke, Wurst mit Sauerkraut, Schweinebraten
mit Krautsalat, gebratene Gans, Kapaunen oder Ente mit Äpfelmus. Branntwein-, Bier-
nnd Weingläser stehen bnnt durcheinander. Der Hausherr macht im Füllen derselben den
liebenswürdigen Wirth und nöthigt mit herzlich aufbrausendem Ungestüm zum Trinken.
Zahlreiche Reste des altgermanischen Götterglanbens sind in Sagen und Mythen
unter dem Volke zurückgeblieben. Hier einige Proben.
Als Christus der Herr noch anf Erden wandelte, kam er eines Tages mit Petrus iu
ein Bauernhaus. Hier bemerkte er, daß die Bäuerin mit Brot und Mehl verschwenderisch
nmging. Als er sie zurechtwies, meinte sie, es wüchse ja Getreide im Überfluß.
Unmuthig über diese Rede, verließ der Herr das Haus und schritt mit Petrns dem nahen
Felde zu. Dort faßte er einen der Halme, die, wie das Volk glaubt, ehemals ganz mit
Körnern bewachsen waren, knapp an der Wnrzel und begann dieselben abzustreifen. Petrns
faßte ebenfalls den Halm und bemühte sich, dem Zorn des Herrn Einhalt zu thuu. Christus
aber schob des Petrus Hand immer weiter hinauf, bis dieser nur noch die oberste Spitze
der Ähre umfaßt hielt. Da fiel der mitleidige Jünger auf die Knie und bat flehentlich,
diese Kleinigkeit wenigstens den Menschen zu lassen, damit sie nicht Hungers sterben.
Endlich ließ der Herr sich erweichen, und von dieser Zeit an erreicht die Getreide-Ähre nur
noch die Länge einer Mannesfaust. Der unbiblische Inhalt der Erzählung, sowie der
Ilmstand, daß Christus nur vou Petrus und nicht wie sonst von allen seinen Jüngern
begleitet ist, berechtigt zn dem Schlüsse, daß der Ursprung der Sage wohl älter ist
als das Christenthum unter den Deutschen. Christus und Petrus vertreten Wodan und
Donar, die obersten Gottheiten der alten Germanen, die nach dem Glauben derselben
durch die Fluren und Felder zogen.
Auch in der Sage vom wilden Jäger, welcher das wüthende Heer führt, tritt uus der
altheidnische Glanbe an den Luft- und Sturmgott Wodan, den Anführer der himmlischen
Kampfschaar, entgegen, mit welcher er durch die Lüfte ritt. Iu mondhellen Winternächten
sieht man bei Lindewiese, Wilhelmsdorf und Thomasdorf eine große Schattengestalt
an der Spitze mehrerer kleineren nnter Peitschenknall, Hüfthornklang und Rüdengebell
durch Luft und Wald dahinziehen. Es ist der wilde Jäger anf der uächtlicheu Jagd. Auch
im Tschirmer Bnsch hatte derselbe sein Revier. Wenn die zehnte Abendstunde vorüber
war, hörte man ein Toben und Heulen uud Bellen, indem der wilde Jäger mit seinem
Gefolge jagend durch die Lüfte zog. Das dauerte bis zwölf oder ein Uhr, dann war
alles ruhig. Trug man nicht Doste oder Weißdorn bei sich oder konnte man nicht anf
einen Kreuzweg flüchten, so war man verloren.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch