Seite - 572 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17
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Strohschauben; heutzutage besteht das Dach fast durchwegs aus Schieferplatten oder
Ziegeln. Ans dem Dache wird in einem Gefäße der Donnerbart, die dem Donar heilige
Hauswurz, gepflanzt zum Schutz gegen Blitzschlag und gegen Unglück überhaupt.
Das Ausgeding- oder Auszugshaus ist im Allgemeinen ebenso angelegt nnd
eingerichtet wie das Bauernhans, nur ist hier alles in kleinerem Maßstabe. Es hat kein
Stockwerk, überhaupt nie mehr als zwei Wohnräume mit einem Gewölbe. Der an das
Ausgedinge sich anschließende Schoppen ist an der Seite des Hofes ganz offen, nur
Holzfäulen stützen das Dach. Er dient zur Aufbewahrung der Wagen und der Acker-
geräthfchaften. In seinem Dachraume findet auch ein Theil der Heu- und Strohvorräthe
Aufnahme. Die Scheune ist entweder aus Fachwerk aufgeführt oder aus Schrotbalken
gezimmert, das Dach mit Stroh gedeckt. Die Einfahrt kann von zwei Seiten vor sich gehen.
Während, wie wir gezeigt, das Bauernhaus mehrere Räume aufzuweisen hat, ist
die ganze Anlage des „Gärtlerhauses" viel einfacher. Die Gärtlerstelle umfaßt in der Regel
nur ein Gebände, das in der Straßenfront die Wohnung enthält. Unmittelbar daran
schließt sich der Kuhstall und au diesen die kleine Scheune.
Noch beschränkter ist der Häusler in seinem Hause; er besitzt außer den für ihn und
und einen Jnmann knapp zureichenden zwei Wohnungsräumen, die bisweilen nur zur Noth
vor den empfindlichsten Einwirkungen der Kälte, Nässe und Stürme Schutz gewähren,
wenn es gut geht, noch einen Stall für eine Kuh und eine Ziege.
Spuren architektonischer Schönheiten in und an diesen alten Gebäuden gibt es nicht,
es wäre denn, daß die Rücklehne der Schemel, die Geländer und Säulen der Altane, einigen
Sinn für eine gefällige Form verrathen. Die Läden, womit die kleinen Fenster geschlossen
werden, sowie jene Läden, welche zur Aufbewahrung von Kleidern und Wäsche dienen,
weisen die einzigen in unserem Hause vorkommenden Maleranfänge auf. Man gebraucht
hierzu grelle Farben, besonders roth und blau. Im Übrigen trägt an den Gebäuden Alles
den Stempel der Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit.
Eiu wichtiger Theil des Bauernhofes ist schließlich ein seiner Größe entsprechender
Garten. Bei größeren Grundbesitzern theilt er sich in den Obstgarten, zugleich Grasgarten,
in den Gemüsegarten und in den Blumengarten. Der erstere namentlich ist dem Besitzer ans
Herz gewachsen. Besonderen Werth legt man dem gebackenen Obste bei. Es ist erstaunlich,
welche Obstvorräthe man auf dem Boden des schlesischen Landwirthes oft angehäuft findet.
Läden und Truhen sind damit angefüllt, so daß durchs ganze Haus der eigenthümliche
Geruch des Backobstes zieht. Diese Vorräthe sind neben den Vorräthen an Leinwand nnd
Flachs der Stolz der Hausfrau und zeugen von der Wohlhabenheit des Hauses.
In der Nähe des Obstgartens finden wir den Gemüsegarten. An diesen schließt
sich der Blumengarten an, doch ist dieser häufig abgesondert an der Giebelseite des Hauses,
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Mähren und Schlesien, Band 17"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Mähren und Schlesien, Band 17
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Mähren und Schlesien
- Band
- 17
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.42 x 21.88 cm
- Seiten
- 750
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch