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Leibern. Innerhalb des Rahmens dieser Gleichförmigkeit sind die sieben Darstellungen
ungemein mannigfaltig und charakterisiren jede Sünde deutlich durch ihren eigensten
Zug. Die Wirkung erhöht sich noch durch den Gegensatz zu der mit nicht geringerer
charakteristischer Kraft dargestellten oberen Reihe. In den sieben Werken der Barmherzigkeit
sieht man die Frömmigkeit und den Adel der menschlichen Seele. Fünf Bilder bestehen
aus je drei Figuren. Christus empfängt die Wohlthat, die ein Mann erweist, hinter
dem eine andächtige Frau steht. In der Scene der Bekleidung leistet ein Jüngling
Beistand und ein Kind wäscht die Füße Christi. In der siebenten Scene wird Maria durch
zwei Männer bestattet, hinter ihnen stehen zwei Frauen. Hier befindet sich im Hinter-
grunde eine zweithürmige Kirche, in den übrigen Scenen ein Wohnhaus, zumeist
eine ummauerte Burg. Selbst angenommen, daß diese beiden Bilderfolgen das Werk
zweier Meister sind, ist deren Erfindungsgabe noch immer überraschend. Von anderweitigen
Mängeln abgesehen, besteht der künstlerische Hauptwerth dieses Werkes darin, daß die
Malerei in ihrem damals primitiven Zustande doch im Stande war, jeden dieser beiden
ihrer Natur nach verschiedenen Stoffe in der seinem Wesen entsprechenden Auffassung
charakteristisch darzustellen. Dies fällt besonders auf, wenn man die beiden Serien
gegeneinander stellt. Die symbolischen Gestalten der Sünden sitzen nicht sicher auf den
Thieren, sondern hängen mehr in der Luft über ihnen; die mit geringer Kundigkeit
gezeichneten Figuren der Werke der Barmherzigkeit sind in ihrer Haltung unsicher und
befangen. Doch man vergißt all dies angesichts der Mannigfaltigkeit, mit der die
Häßlichkeit der Sünden doch immer treffsicher charakterisirt ist, während anderseits die
zarten, gewinnenden Züge der guten Seelen lebendig und packend dargestellt erscheinen.
Die zwanzig Bilder zum Märtyrerthum der heiligen Dorothea sind in ihrer dramatischen
Wiiknng matt und haben mehr den erzählenden Charakter. Die Figuren tragen die
deutsche Tracht des XIV. Jahrhunderts, sind übermäßig schlank, nur in der Taille
biegsam, sonst aber von starrer und affectirter Bewegung, ihr Handeln ist nur schwächlich
ausgedrückt. Hellgrün und ein dunkleres Roth sind die an ihnen vorherrschenden Farben.
Außer den erwähnten Bildern sind noch an den Chorwänden Propheten, Apostel und
Scenen aus dem Leben Christi, ferner in der nördlichen Vorhalle Maria mit Jesus, der
heilige Antonins, das Crucifix und der im Sarge stehende Christus als Reste von
Malereien zum Vorschein gekommen. Diese gehören zum Theil dem XV. Jahrhundert,
das letzte dem Jahre 1515 an.
In dem Zipser Dorfe Jekelsdorf (Jekelfalva) hat die Sacristei der Kirche Bruchstücke
eines dem Kalk entrissenen Wandgemäldes, und zwar einige Figuren von starrer Haltung,
die der Vernrtheiluug und Enthauptung einer gekrönten Frauengestalt beiwohnen. In
Kaschan war auch das Innere der St. Michaelskapelle einst mit Wandbildern geschmückt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (5), Band 18
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (5)
- Band
- 18
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.02 x 21.71 cm
- Seiten
- 462
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch