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sich jenseits der Stadt Podgörze jene felsige Anhöhe, ans welcher sich der Grabhügel
des Krakns, sowie eine kleine Kapelle befindet. In dieser Kapelle wurde in alten Zeiten
am dritten Ostertage ein Gottesdienst abgehalten, zu dein sich die Landbevölkerung der
uniliegenden Ortschasten drängte, die dann auch bis znm Abend dort verweilte. Am
Nachmittage kam das Volk von Krakau dazu und es sanden verschiedene Spiele statt,
sowie auch das Vertheilen der Überreste vom „Geweihten" an die Armen. Die Sage
erzählt, daß die „Rxkawka" zur Ehrung des Krakns gefeiert werde, namentlich aber
znr Erinnerung daran, wie vor Jahrhunderten das Krakauer Volk seinem guten Fürsten
den Grabhügel ausgeschüttet habe, indem es die Erde dazn in der Hand (i'ekn) vder
dem Ärmel (rek-nv) herbeitrug.
Psingsten. Nach dem Weihnachts- nnd dem Osterfeste ist das Psingstsest jenes,
das mit der größten Feierlichkeit begangen wird. So schmückt in der Stadt und aus dem
Lande Jeder sein Haus mit frischem Grün. Zwischen das Stroh der ländlichen Hausdächer
steckt mau Mermuth (bvlü-u), eiue Pflanze, welche beim polnischen Volke von altersher eine
gewisse symbolische Vedentnng hat, die Hausthüren werden mit grünen Zweigen bekränzt,
die Dielen mit Kalmnslanb bestrent. Auch die Kirche ist mit frischem Lande geschmückt.
Außer dieser Ausschmückung von Kirche und Haus sieht man bei den Maznren und
Goralen nicht viel besonderes. Anders bei den Krakowiaken, wo namentlich am zweiten
Pfingsttage volles und bewegtes Leben pnlsirt. Krakan selbst geht darin den anderen
Städten voran. Alles, was leibt und lebt, eilt an diesem Tage nachmittags nach dem
selsigen Hügel, den man Bielany nennt, von wo aus man einen großartigen Blick ans
Krakan nnd seine herrliche Umgebung hat. Hier läßt sich zu Tausenden eine bnnte
Menschenmenge nieder, macht sich's mit ihren Familien, Freunden und Bekannten bequem
und genießt der Freiheit nnd Kurzweil des Tages, ein Jeder nach seinem Stande, seiner
Intelligenz und seinem Geschmacke. Hier gibt eS ein Gelage, dort ein Fangspiel, weiter
wieder ein Tänzchen nach der Musik einer Harmonika, Spectakel, Lachen, Schreien,
Scheibenschießen, Vivatrnse, Peitschenknallen ?c. So vergeht die Zeit bis zum Abeud.
Der Abend ist in den Dörfern der Krakauer Gegend nicht minder lärmend und
fröhlich. Wenn es zu dunkeln beginnt, werden auf unübersehbare Weite hinaus Tausende
von Feuern angezündet. Die näheren dieser Fener spiegeln sich in dem Wasser der
ruhig dahinfließenden Weichsel wieder, die ferneren erreichen sogar das Karpathengebiet
nnd blitzen durch die Ferne gleich nebelumhüllten Sternen. Manche erscheinen einzeln,
andere zu zweien und mehreren zugleich angezündete» Feuerstätten. Von einer Anhöhe
gesehen, namentlich im Mondschein, bereiten sie einen zauberhaften Anblick. Diese Feuer
brennen einige Stnudeu hindurch am ersten wie am zweiten Feiertage, zuweilen anch
eine längere Reihe von Tagen nacheinander. Gewöhnlich pflegen die Bursche eine Hand
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch