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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 332 -
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332 So kommen sie singend zum Herrenhaus heran. Zu ihrer Begrüßung geht der Gutsherr mit Frau und Kindern ihnen entgegen. Jener Jüngling oder die Anführerin der Mädchen nähert sich, den Kranz auf dem Kopfe, mit ihrem ganzen Gefolge den Haus- leuten. Es folgen Gesänge, in welchen die Herrschaft, ihre Familie, ihre Wirthschaft gepriesen werden. Der Herr nimmt den Kranz in Empfang, beschenkt die Schnitter und ladet sie auf den Nachmittag zum Erntefest ein, zu dem sich fast das ganze Dorf versammelt. Der Allerseelentag. In den Städten herrscht der Brauch, Kränze auf die Gräber niederzulegen und diese mit zahllosen Lampen zu beleuchten. Die Dorfbewohner legen weder Kränze nieder, noch zünden sie Lampen auf den Gräbern an; statt dessen lassen sie Messen lesen und beschenken die Armen reichlich. Wie bei den Deutschen, so ist auch im polnischen Volke der Glaube verbreitet, daß die Seelen der Abgeschiedenen, die sich im Fegefeuer befinden, an diesem Tage die Lebenden besuchen und um Mitternacht in die Kirche gehen. Verstorbene Priester lesen Messen, verstorbene Knaben ministrireu, ein verstorbener Alter läutet mit dem Glöckchen, verstorbene Gläubige beten. Wer muthig ist, kann das alles sehen, kann es aber auch leicht mit dem Leben bezahlen. Das deutsche Stück „Der Müller uud sein Kind" hat sich daher auch auf der polnischen Bühne ein- gebürgert. Die Vigilie des heiligen Andreastages (29. November). Die Nacht vor dem Andreastage ist eine Nacht der Horoskope für die Mädchen. Durch die verschieden- artigsten Mittel trachten sie ihr künftiges Schicksal zn erforschen. Sie brechen z. B. einige Ästchen von einer Besenruthe ab und gießen geschmolzenes Wachs durch dieses Bes'leiu auf kaltes Wasser. Aus den Gestalten, die sich durch diesen Guß bilden, leiten sie verschiedene Folgerungen ab und rufen dabei die Mitwirkung des heiligen Andreas an. Bald bringen sie einen Arm voll Holzscheite in die Stube und zählen die Stücke ab, ist die Zahl eine gerade, so wird bald Hochzeit gemacht. Dann werden Nähnadeln in ein Gefäß mit Wasser gethan, wessen Nadel zuerst untersinkt, der wird zuerst sterben. Wenn ein Bursch und ein Mädchen je eine Nadel ins Wasser legen und diese schwimmen auf einander zu, so ist das ein Zeichen, daß die Beiden sich mit einander vermählen werden. Die Taufe wird gewöhnlich einige Stunden nach der Geburt des Kindes vorgenommen. Sofort beginnt die dazu bestellte Frau mit den Vorbereitungen zum Tauf- schmaus, während der Hausvater seine Bekannten bittet, Pathenstelle zn vertreten. Wenn man das Kind dem Pathen etwa durch das Fenster hinaus reichen würde, so wäre ihm keine Gesundheit beschieden. Man soll es auch nicht auf dem linken Arm tragen, es würde sonst ein Linkhand werden. Auf dem Wege zur Kirche sollen diePathen viel reden, lachen und singen, damit das Kind heiter und muthig werde. Weint das Kind während der Taufhandlung, so wird es gedeihen und eine klangvolle Stimme haben. Wenn es gelänge, das Gesichtchen des
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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