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Kindes dabei mit einen« Kirchenhandtnche abzuwischen, so hätte es sein Lebtag kein „Weh".
Auch die Heimkehr aus der Kirche ist gewöhnlich lustig, es muß dabei gesungen werden,
denn wer würde sonst errathen, daß da Taufgevattern vorbeifahren. Gewöhnlich hört man
sagen: „Ja, meine Frau Gevatterin, wir fahren aus der Kirche, hin brachten wir 'nen
Heiden, zurück kommt jetzt ein Engel". Vor dem Hause angelangt, bricht die Taufpathin
ein Zweiglein von einem Baum und versetzt damit dem Kinde dreimal einen leichten
Schlag, damit es gehorchen lerne und brav werde. Inzwischen haben sich schon die
Gäste im Hause versammelt. Jeder derselben hat irgend ein Geschenk für die Wöchnerin
mitgebracht; dieser Butter, jener Käse oder Wurst, ein anderer wieder ein Stück Speck :c.
Sobald die Pathen mit dem Kinde zurück sind, beginnt das Gastmahl und die
Unterhaltung, das heißt das Saufgelage, Gesänge und lärmende Reden. In den Gegenden
an der Raba besteht überdies die Sitte, daß die Pathen einen Zopf flechten, wenn der
Täufling ein Mädchen, und einen Dreschflegel verfertigen, wenn er ein Knabe ist. Der
Zopf wird aus Stroh geflochten, der Dreschflegel aus Stecken zusammengebunden.
Während des Zopfflechtens singen sie:
„Wir flechten, Zöpslein, in dich ein Ach wären wir so geschickt zugleich.
Für s Tauskind Stärke und Gedeihn. Daß ihr der Zopf zur Erde reich'."
In die Flechten des Zopfes stecken sie einige Kreuzer „auf Bänder", worauf der
Taufpathe auf einen Baum vor dem Hause klettert und den Zopf znhöchst befestigt. Die
Pathin aber singt mit den anderen Frauen im Chore:
„Am Apfelbaum der Apfel,
Bald fällt er schon herunter;
Am Weichselbaum im Gärtchen
Häng' ich das Zöpslein munter.
Ich häng' dich liebes Zöpslein
Am Pflaumenbaum wohl auf, Marysia wachse glücklich
Und lang' zu dir hinauf.
Das Äpfelchen am Baume,
Das rothe fällt herab;
So pflück's doch schnell, du Häuschen
Und gib's Marysia ab."
Während man die Dreschflegel bindet, singt man:
„Machet nur recht feste Flegel, Macht ihr nur recht feste Flegel,
Denn e-Z werden feste Bursche, Dreschen viel Getreid' die Bursche."
Die Flegel trägt man auf die Xuleniea (Dachfirst) oder hängt sie auch auf
einen Baum.
D a s Hoch zeits fest hat eng umschriebene und durch die Sitte geheiligte Formen. Je
nach den Gegenden machen sich einzelne Unterschiede bemerkbar, das Ganze aber ist überall
gleich. Man kann jedoch folgende Theile unterscheiden: das „Versprechen"
das „Ruthenflechten" (klosssvwinv), das,, Aufzöpfen" (kioxplecin^), die „Trauung"
(Llud), die „Heimführnng" (?i-?enosinv) und die „Behanbnng" (Lxepinv).
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch