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dünncn mit Lehm bestrichenen Flechtwände nicht genug vor Frösten und eisigen Nordwinden
schützen, so wird die Bauernhütte im Winter mit dicken Strohschichten Nakata), welche
mit Stangen und Flechten befestigt sind, eingehüllt. Die derart eingehüllte Bauernhütte
gewährt bei Schneeverwehungen das eigenthümliche Bild eines verschneiten Strohhaufens
mit einer kleinen Fensteröffnung, aus welcher nur der Abends vom Feuerherd oder der
kleinen Lampe kommende Lichtstrahl die menschliche Wohnnng errathen läßt.
Die Hütte des armen Banern ohne Grnndeigenthum sckatüpnvk) ist klein und sehr
einfach, ohne Wirthschaftsgebäude und nur mit einem kleinen Gemüsegarten nmgeben.
Ter wohlhabendere Grundwirth (kospöckai) besitzt anßer einer mehr oder weniger
geräumigen Hütte auch Wirthschaftsgebäude, die aus einer Stallnng, einem Schoppen,
einem Schweine- und Geflügelftall und einer Scheune bestehen. Das ganze Gehöfte
(odiMik) umfaßt ungefähr ein halbes Joch. In der Umzäunung befindet sich eine Pforte
(>vorc»la) aus Latten oder ein aus Brettern gezimmertes, mit einem Kreuz versehenes
Thor (brama), über welchem ein Schutzdach angebracht ist. Neben dem Thor befindet sich
ein mittelst eines hölzernen Schlosses (?asrnv) abgesperrtes Psörtchen (ürtka). Zu dem an
das Gehöfte angrenzenden Gemüsegarten führt vom Hofe aus ein Schlöttel (peretä?),
das ist ein zwischen zwei Pflöcken angebrachter, zum Hinübersteigen eingerichteter
niedriger Zaun, an welchem zu beiden Seiten angebrachte Holzklötze oder Steine als
Stufen znm Übersteigen dienen. In dem an die Bauernhütte gewöhnlich anstoßenden
Garten kommen einige Obstbäume minder guter Qualität, manchmal auch Bienenstöcke
primitiven Systems vor. Vor dem östlichen Fenster der Hütte befindet sich ein kleiner
Blumengarten. Der Hof ist mittelst einer Umzäunung von dem Scheunenplatz (bumnü)
getrennt. Vor der Scheune befindet sich die Dreschtenne (tik).
Die Märkte und kleineren Städte in Ostgalizien unterscheiden sich nur sehr wenig
von den Dörfern. Hie und da erinnert ein Krämerladen daran, daß man hier außer der
ackerbautreibenden Bevölkerung anch andere Elemente vorfindet. Einen interessanten und
originellen Anblick gewähren die größeren Städte in Ostgalizien. Die innere Stadt und
der Ringplatz werden in der Regel von Inden bewohnt und beherrscht und zeigen ein
eigenthümliches Gepräge. Die Vorstädte dagegen weisen einen durchaus ländlichen
Charakter auf und werden von der ackerbautreibenden christlichen Bevölkerung oder von
Handwerken? bewohnt.
In der waldreichen Bug- und Styrniedernng sind die Bauerngehöfte gewöhnlich
mit einem Pfahlzaun umgeben und die Hütten meistens größer als die pvdolischen, und
werden aus Holzbalken gebaut und mit Stroh bedeckt. In einigen Gegenden, wie z. B. in
Sokal, wo die Töpferindustrie betrieben wird, kann man bei wohlhabenderen Bauern eiueu
mit charakteristischer Ornamentik verzierten Kachelofen finden. Bei den Dniesterbewohnern
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch