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Die Leiche wird auf der Bank am südlichen Fenster der Wohnstnbe aufgebahrt
und erst vor Beginn des Leichenzuges in den Sarg gelegt, nachdem der Priester das übliche
Leichengebet gesuugeu und die Leiche sowohl als auch den Sarg mit Weihwasser besprengt
hat. Beim Hinaustragen der Leiche wird an der Schwelle des Hauses dreimal mit dem
Sarge angestoßen zum Zeichen des letzten Abschiedes des Verstorbenen von seiner Familie.
Dann wird die Thür des Hauses sofort geschlossen, um weitere Todesfälle in der Familie
'zu verhüten. Zu demselben Zwecke wird an den Platz, wo die Leiche aufgebahrt war, ein
Beil gelegt. Ist der Friedhof in der Nähe, so wird die Leiche auf einer mit schwarzem Tuch
bedeckten Tragbahre getragen, sonst aber auf einem mit Ochsen (selten mit Pferden, nie
aber mit Stuten) bespannten Wagen, in manchen Gegenden auf Schlitten auch im Sommer
geführt. Der Sarg wird mit einem Stück Leinwand, in manchen Gegenden mit einem
gestickten Leintnch bedeckt, das hierauf iu der Regel dem Kirchensänger, der bei der Leiche
den Psalter gelesen, zn Gute kommt.
Bei dem Leichenzug eines Mädchens, besonders aber eines verlobten wird das bei
Hochzeiten übliche Gefolge (Brautjungfern, Brautführer und dergleichen) gewählt, welche
mit der Vertheiluug jener Geschenke betraut werden, die beim Hochzeitszuge vertheilt werden
sollten. Das von der Verstorbenen gestickte Leintuch wird an das dem Leichenzuge voran-
getragene Kreuz gebunden. Den Starosten und Swachen werden ebenfalls Leintücher über
die Schulter geschlagen, die Brautjungfern schmücken ihre Köpfe mit schwarzen Binden und
schreiten mit brennenden Kerzen einher. Unterwegs hält der Zug mehrmals an und der
Pfarrer liest dann das Evangelium.
Dem Leichenzuge folgen außer Verwandten und Nachbarn noch Klageweiber, welche
dem Schmerz über den Verlust des Verstorbenen in lauter Weise Ausdruck geben. Der
Sarg wird mittelst einer auseinander gewickelten Leinwaudrolle ins Grab herabgelassen.
Nach der üblichen sogenannten Versiegelung des Grabes durch den Priester, wirft jeder
von den Anwesenden drei Mal eine Handvoll Erde in das Grab mit den Worten: „Feder-
leicht sei dir diese Erde!" Die Verwandten werfen außerdem ein wenig davon in den
Hemdenbausch, damit sie nicht lange trauern. Auf das Grab setzt man in der Regel ein
hölzernes Kreuz mit einer Inschrift. Nach dem Begräbuiß versammeln sich die Verwandten
und Nachbarn zum Todtenschmans (st^pn), welcher noch vielfach an die alten Todtenfeier
(tr^2na) erinnert. Zu demselben wird gewöhnlich auch der Pfarrer mit dem Kirchensänger
und den Kirchendienern geladen. Unter anderen Speisen wird gekochter, mit Honig und
Mohn zubereiteter Weizen verabreicht, von welchem jeder vor dem Schmaus drei Löffel
für das Seelenheil des Verstorbenen ißt. Für die Bettler wird ein besonderer Schmaus
im Hofranm veranstaltet. Am dritten Tage nach der Bestattung wird ein Todteuamt
(daher treten)- genannt) gefeiert, die daran Theilnehmenden stehen mit Kerzen in der Hand;
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch