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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
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460 Noch reiner als in diesen altarmenischen Häusern in Jazlowiec äußerte sich das armenische Stilgefühl in den Holzbauten mit ihrer originellen Dachform. Über dem ziemlich schwerfälligen, nüchternen ebenerdigen Bau schwingt sich ganz unerwartet, eine wahre architektonische Überraschung, ein hohes, sehr spitzes, stark geschweiftes Dach (2a?üZ) empor; die an seinen beiden Giebelenden aufgepflanzten lanzettartigen, etwa meterhohen Spitzen (stilp) bringen das Motiv des flugartigen Emporstrebens besonders energisch zum Ausdruck. Es scheint sich darin der Nationalcharakter auszuprägen; auf schwer beweglicher phlegmatisch seßhafter Anlage ein plötzliches, unvermitteltes, cholerisches Emporschnellen, eine zwischen abgegriffenen Geschäftsbüchern, vergilbten Zetteln und Rechnungen, den stummen Zeugen jahrelangen Handelns, Feilschens und Nachrechnens, sich plötzlich los- ringende, emporschießende Phautastik. Solcher Häuser besaß das Städtchen «sniatyn noch vor wenigen Jahren mehrere. Das figurale Element sagt dem armenischen Kunstcharakter weuig zu; die Evangelisten- figuren, die man in zahlreichen in Polen entstandenen Evangeliaren findet, sind im Ganzen und Großen nnr eine ohnmächtige Wiederholung allgemein-byzantinischer Vorlagen. Um so origineller, eigenartiger ist das armenische Ornament ; das zu unserer Dar- stellung abgebildete ist einem in Polen im XVII. Jahrhundert entstandenen, jetzt im Kloster San Lazzaro in Venedig befindlichen Evangeliar entnommen. Dort, wie auch in dem Mechitaristenkloster am Neuball iu Wien und im Czartoryski'schen Museum in Krakau finden sich mehrere iu Poleu entstandene und illnminirte armenische Codices; die schönsten besitzt aber wohl die Pariser bidliotköque nutionals. Durch feste Struetur, durch organische Gliederung unterscheidet sich das armenische Ornament äußerst vortheilhast von dem wirbellosen byzantinischen, das in regenwnrmartigen Windungen bedeutungslos nach unten verläuft. Viel weniger wird das Auge von den Initialen befriedigt, wo zwischen Ranken und Blättern Vögel und Fische ihre Jahrhunderte alten akrobatischen Kunststücke forttreiben; denn dies spitzfindige Witzeln vermag nur schwer die eigentliche Ursache, das verlegene Schwanken zwischen dem orientalischen, das heißt dem ornamentalen, und dem oceidentalen, das heißt dem figuraleu Elemente zu maskiren. Als vereinzeltes scherzhaftes Spiel läßt man es sich gefallen; wenn man aber diese bizarren Verschlingungen des in Polen im XVI. Jahrhundert entstandenen Evangeliars auf einem bereits 1375 in Armenien geschriebenen Zug um Zug wiederfindet, muß man doch zugeben, daß auch der armenische Zweig die frühe Erstarrung der Formen mit seinem byzantinischen Stamme gemein hat. Sie theilen auch die weiteren Schicksale, beide gehen ziemlich gleichzeitig zu Grunde; sie verfaulen, denn die Hochflnth des Barocks hat den Boden, auf dem sie früher so schön gediehen, in einen ungesunden Morast verwandelt. Zwar wird im Beginn des XVII. Jahr- hunderts noch manch schönes schlankes Linienspiel aus den Evangeliaren auf die Grabsteine
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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