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Noten des russischen und preußischen Gesandten, welche erklärten, jeder Versuch einer
Abschaffung des l iberum veto werde von den beiden Mächten als ein casus belli
angesehen werden.
Die Regierungszeit Stanislaw August Poniatowskis ist von Anfang bis zu Ende
bewegt durch den Kamps der Reformideen, die immer mehr Wurzel fassen und endlich in
der Constitution des 3. Mai 1791 zur Thatsache werden, mit einer Partei, die theils durch
fanatische Anhänglichkeit an alte Begriffe und Gesetze, theils durch eigenes Interesse
verblendet, mit Rußlands Hilfe in der Conföderation von Targowiea siegt und den
Untergang der Republik herbeiführt.
Die Cultur, die Literatur, als deren Theil und Organ, nimmt einen großen Platz
in dieser Reformbewegung ein. Der König, selbst geistreich, gebildet, mit feinem Sinn und
warmer Vorliebe für Kunst und Literatur begabt, war wie geschaffen, um in dieser
Richtung wohlthätig zu wirken. Im Jahre 1773 wurde eine Erziehnngs-Commission
ernannt, die unter dem Vorsitz des Primas Michael Poniatowski (des Bruders des
Königs), aus Fachleuten und Staatsmännern zusammengesetzt, Ausgezeichnetes leistete.
Die Reform der Mittel- und Volksschulen, auf einen praktischen Lehrplan und auf
treffliche Lehrbücher gestützt, bildete den Anfang, die Reorganisation der Krakauer
Universität den Schluß des großen Werkes. Die Literatur nimmt nach allen Richtungen
hin einen mächtigen Aufschwung.
Der talentvollste und einflnßreichste unter den Schriftstellern seiner Zeit ist Graf
Jgnaz Krasicki, 1735 zu Dubieeko (in Galizien, Bezirk Sanok) geboren, von Jugend
auf zum geistlichen Stand bestimmt, in Lemberg, zuletzt in Rom gebildet und daselbst
geweiht. Anfangs Canonicns von Lemberg, ließ er 1766 seine ersten Gedichte erscheinen
und wurde in demselben Jahre auf Wunsch des ihm sehr gewogenen Königs zum Coadjutor
des Bischofs von Ermeland, nach dessen Tode aber zum Fürstbischof dieser Diöcese ernannt.
Seine poetische Laufbahn eröffnete er mit zwei heroisch-komischen Gedichten, der
Uz?s2öis (Mäusekrieg), einer ziemlich dunklen Allegorie, und der >lc»naekvmuckie,
einer Satyre auf lässige, ungebildete Ordensgeistliche, beide von den Zeitgenossen als
ungemein witzig geschätzt, ohne doch einen genügenden Begriff von dem schönen Talent des
Verfassers zu geben. Daraus folgten aber die Satyren und ein Theil der Episteln, in
denen Krasicki gutmüthig und heiter nach horazischer Art, als Beobachter ungemein scharf
und witzig, in Vers und Sprache zugleich fein und kernig, elegant und einfach, frei und
musterhaft eorrect, ein reizendes Sittengemälde schuf und einen moralisch und patriotisch
verdienstvollen Standpunkt einnimmt. Zwei didaktische Romane, die letzten vielleicht, die
in Europa geschrieben wurden, satyrisch und lehrhaft zugleich, daher eher an englische als
an französische Muster erinnernd, zeichnen sich durch musterhafte Prosa und ernste Tendenz
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Galizien, Band 19
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Galizien
- Band
- 19
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1898
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.48 x 22.34 cm
- Seiten
- 920
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch