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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 606 -
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606 reichen Bibliothek und anderen Sammlungen besteht, und der wissenschaftlichen, vor Allem der historischen Forschung die größten Dienste geleistet hat. Wir stehen in einer sehr achtbaren, verdienstvollen Literaturperiode. Freilich sind die praktischen, militärischen und administrativen Verdienste überwiegend. Die Bildung und Cultur aber stand auf einer hohen, ja glänzenden Stufe; und die Literatur, wenn auch nicht durch Talente ersten Ranges vertreten, ist geistreich, moralisch gesund, an Empfindungskrast der vorigen Epoche jedenfalls überlegen, von einem ernsten, tiefen Patriotismus beseelt. Doch war sie mehr geschätzt als beliebt. Ihre Formen erschienen veraltet und steif, ihr Inhalt kalt und interesselos. Nun war aber seither eine Generation herangewachsen, die unter dem Eindruck der welterschütteruden französischen Revolution, unter jenem der Theilung Polens und seiner letzten Befreiungskämpfe geboren und erzogen war. Der erste jener Eindrücke erweckte den Glauben, die Freiheit sei des Menschen, also auch der Nationen Recht. Der zweite ließ das Bewußtsein eines erlittenen ungeheueren Unrechts, einen grenzen- losen patriotischen Schmerz in den Seelen zurück. In den ersten Jahren nach der Theilung fanden diese Gefühle keine bestimmte Form; bald darauf erschien an der Grenze Napoleon mit seinen Truppen und erweckte die Hoffnung, das Unrecht werde ein kurzes vorüber- gehendes Übel, kein dauernder Zustand sein. Als aber Napoleon gestürzt, die Kriegszüge zu Ende und die Friedensgrnndlagen im Wiener Congreß geregelt waren, da kam der Augenblick, in relativ ruhiger Zeit, sich von allen jenen Eindrücken und Gefühlen Rechenschaft zu geben, die seit dem Jahre 1791 auf die Nation eingestürmt waren. Jenes Gefühl des erfahrenen Unrechts und jener patriotische Schmerz stiegen nunmehr in die Tiefe der Seelen hinab und steigerten sich im Stillen zu einer nie vorher geahnten Macht, zu einer leiden- schaftlichen Liebe des verlorenen Vaterlandes. Die rnhige, maßvolle Dichtkunst der „Freunde der Wissenschaften" konnte dieser Gesinnung keinen richtigen Ausdruck geben. Anderseits trat in ganz Europa eine herrliche Wiedergeburt aller Literaturen ein. Was in Deutschland seit Jahren, in England soeben durch Byron geleistet war, das brach sich sogar in dem classischen (in Polen ain besten bekannten) Frankreich Bahn. So lange die napoleonischen Kriege dauerten, war die polnische Jugend mit allem Anderen eher als mit Literatur beschäftigt; man ließ die Clafsiker ruhig auf dem gewohnten Wege den gewohnten gemessenen Schritt gehen. Als aber mit dem Friedensschlüsse die Ruhe eintrat, da begann ein heißes Begehren nach den neuen Formen, eine leidenschaftliche Begierde nach jenen verschlossenen Wundern, welche die unbekannte Welt der deutschen und englischen Dichtung in sich barg. Man fing an zu lesen und — man erhielt den bezaubernden Eindruck einer plötzlichen Offenbarung der neuen, der wahren Schönheit und Kunst. Aus diesen drei Quellen also, aus der französischen Revolution und dem chronischen Erdbeben, welches sie zur Folge hatte, aus dem Untergang Polens und dem patriotischen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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