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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Galizien, Band 19
Seite - 608 -
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608 französischen Geschmacks. Daher kommt es wohl, daß er zwischen Classikern und Roman- tikern einen mittleren Standpunkt einnimmt und beiden kriegführenden Parteien gut gemeinte Wahrheiten zu sagen weiß. Die Bahn war also geebnet, die Elemente und Einflüsse hatten Zeit genng, ihre Wirkung hervorzubringen, der Durst nach einer neuen höheren Poesie war allgemein und brennend; alle Bedingungen waren schon da, es bedurfte nur noch des letzten, des aller- nöthigsten, des Genies. Die Universität zu Wilna, vom Fürsten Adam Czartoryski reorganisirt, an tüchtigen Lehrkräften reich, stand eben in ihrer Blüte, und übte eine starke Anziehungskraft auf die Jugend aus. Schüler strömten zahlreich zu; fleißig, wißbegierig, sehr patriotisch gesinnt, brave, tüchtige Studenten, Schöngeister und schöne Seelen dazu. Sie alle schwärmten für die deutschen und englischen Dichter. Alles las, alles wollte dichten. Schiller, Goethe und Bürger, Byron, Moore und Walter Scott wurden nach Kräften nachgeahmt. Alles war natürlich auch verliebt — ein unvermeidlicher Zünd- und Nahrungs- stoff für Dichtgelüste. Da geschah es, daß ein absolvirter Universitätshörer und kanm bestellter Gymnasiallehrer in Kowno ein Mädchen liebte, welches ihm zwar gewogen war, aber doch einem anderen vermählt wurde. Der unglückliche Jüngling ließ dann zwei Bändchen Gedichte erscheinen, und — die wahre polnische Poesie war endlich da. Adam Mickiewicz war im Dorfe Zaosie bei Nowogrödek (Lithauen) am 24. December 1798 geboren. Sein Vater besaß ein kleines Landgnt und bekleidete ein Richteramt; er starb im Jahre 1812. In demselben fand der Zng der Napoleon'fchen Armee durch Lithauen statt, welcher auf den Knaben Mickiewicz einen mächtigen Eindruck machte. Die Mittelschule besuchte er in Nowogrödek, die Universität (seit 1815) in Wilna, mit dem Vorhaben, sich dem Lehrerstande zu widmen. Hier fand er sich in Gesellschaft von Mitschülern, die sich zu einem akademischen Verein, jenem der Filareten verbanden. Der Verein war weder heimlich, noch politisch. Er wurde mit Wissen und Znstiimnnng der Obrigkeit gegründet und hatte Arbeit, Wissenschaft und Tugend zum Zweck. Patriotische Gefühle und patriotische Exaltation waren selbstverständlich da; von einer praktischen politischen Thätigkeit, geschweige denn von einer Eonspiration war aber keine Rede. An der Spitze der Gesellschaft stand Thomas Zan, ein junger Idealist, der Abgott dieser Wiluaer Jugend und der theuerste Freund des Mickiewicz selbst. Gedichtet wurde ungemein viel: Balladen, Romanzen, Sonette, Canzonen, theils im ritterlich-phantastischen, theils im Tone der polnischen Volksdichtung. So begann auch Mickiewicz im Jahre 1819 zu dichten, anfangs noch zum Theil im althergebrachten classischen Stile, aber immer selbständiger und immer mehr romantisch. Während der Ferienzeit im Jahre 1818 besuchte er mit Zan einen Frennd, Michael Wereszczak, auf dem Lande, und lernte dort dessen Schwester, Marie, kennen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Galizien, Band 19
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Galizien
Band
19
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1898
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.48 x 22.34 cm
Seiten
920
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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