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gemartert werden. Den Eingang zur Hölle kennt Niemand, doch soll er in furchtbaren
Tiefen liegen. Erscheint ein Irrlicht auf einem sumpfigen oder Moorgrunde, so ist dies ein
Werk des Teufels, welcher die Menschen ins Verderben locken will. Hier, in alten Mühleu
und in Ackerfurchen wohnt er und zeigt sich den Menschen in verschiedenen Spuckgestalten:
bald als schwarzes Kalb, bald als schwarzer Hund oder Katze und dies Ändern der Gestalt
nennt das Volk: „perekeckat^sM". Wenn es donnert, so fürchtet der Bauer auf der
Feldmark zu sitzen, weil der Teufel sich dort herumtreibt und Niemand anderen neben sich
dulden will. Auch den Hagel erzeugt der Böse, indem er ein weißes Pferd reitet, und wenn
es im Walde stark braust oder der Wind gewaltig heult, dann treibt sich der „Schwarze"
in der Lust umher. Dauert der starke Wind zwei bis drei Tage lang an, so hat sich Jemand
erhängt und der Teufel führt seine Seele in die Hölle.
Leidet Jemand an Alpdrücken, so sitzt ihm der Teufel auf der Brust und benimmt
ihm den Athem. Läßt sich ein Mensch abwägen, so wägt sich der Teufel unsichtbar mit.
Juden und Geizhälse halten den Teufel als „Hausgeist" im Schornstein versteckt, wofür
er ihnen Reichthum bringt. Wenn Jemand einen Gegenstand verliert, so bindet er um den
Tischfuß einen Bindfaden und sagt, um das Verlorene wieder zu finden: „Teufel, Teufel,
spiele Dich nicht, gib mir das Verlorene zurück." Wer die Feder in sein eigenes Blut vom
kleinen Finger pale«) taucht und hiemit um Mitternacht seine Seele dem Teufel
verschreibt, der hat von diesem zeitlebens Reichthum und Befriedigung aller Wünsche zu
gewärtigen; nach dem Tode aber verfällt die verschriebene Seele dem Teufel.
Außer dem Teufel glaubt das ruthenische Volk auch an „Vampyre" (op?r).
Die Vampyre sind stets männlichen Geschlechts und zu solchen werden nach dem Tode
gewöhnlich Bespreche?, Hagelbeschwörer, Selbstmörder, Hingerichtete und auch betrogene
Liebhaber. Ein Vampyr (op^r), welcher bei Lebzeiten einen Schweif hat, ist nach dem
Tode durch seine auffallend rothe Gesichtsfarbe erkennbar. Wird er beerdigt, so findet er
im Grabe keine Ruhe, sondern zieht von Mitternacht an auf der Erde umher, saugt Kindern
und jungen Mädchen das Blut aus und erdrosselt sie bisweilen. Kräht aber der Hahn zum
ersten Male nach Mitternacht, so muß der Vampyr wieder in sein Grab zurückkehren, das
gewöhnlich an dem eingefallenen Grabhügel und an einem Loch in demselben zu erkennen
ist. Ja selbst Hagel und Unwetter verursachen die Vampyre; will man sich davon über-
zeugen, so öffne man ein solches Grab und man wird um den Mund des Vampyrs
Hagelschlossen und Schnee liegen finden. Deshalb soll man den Vampyr mit dem Gesichte
nach abwärts in den Sarg legen und ihm einen Pfahl durchs Herz treiben, woraus er das
Grab nicht mehr verlassen wird.'
' So geschah es vor etwa 2V Jahren im Dorfe Luzan, daß einige Bauern einen Selbstmörder, welcher auch nach dem
Tode roth im Gesichte war, bei Nacht ausgruben und in den nahen Pruthfluk warfen, um vor dem Gewitter verschont zu bleiben.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch