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das sogenannte „Haubenaufsetzen", erst am zweiten Tage statt. Den Schluß der Hochzeit
bildet das Überführen der Mitgift („Bettkleider- oder Bettgewandführen") und das
„Strohsackverbrennen". Letzteres besteht darin, daß die Köchin oder eine andere Weibs-
person eine Handvoll Stroh oder Heu, aus dem Bette der Braut genommen, unter dem
Tische in Brand steckt.
Im allgemeinen sind die Bnkowiner Deutschen mit Kindern reich gesegnet. Das
nengeborne Kind wird, sobald es gebadet ist, zuerst der Mutter, dann dem Vater nnd
hierauf denjenigen, die sonst noch anwesend sind, gereicht. Alle küssen es und machen darüber
das Kreuzeszeichen. In den Werkscolonien beten sie ihm überdies je ein Vaterunser in den
Mund (in Jakobeny) oder in das Ohr (in Kirlibaba) hinein. Den Pathendienst erweist
man sich gegenseitig; ihn zu versagen, gilt als Sünde. Als Tausgeschenk gibt man ein
Geldstück (ein bis zwei Gulden) und einen zwei Meter langen Streifen Perkal, woraus die
Mutter nach Verlauf von einem oder zwei Jahren dem Kinde ein Kleidchen macht. Besucht
die Wöchnerin zum erstenmale die Kirche, so beglückwünscht sie jeder, der ihr begegnet, mit
den Worten: „Euer Ausgang soll gesegnet sein. Ich wünsche Glück zu Eurem Prinzen (Eurer
Prinzessin); Gott möge ihn (sie) Euch erhalten und Ihr sollet ihn (sie) zur Ehre Gottes
großziehen, damit Gott und die Welt an ihm (ihr) ein Wohlgefallen habe." (Jakobeny).
Wie bei dem Eintritt in die Welt, so wird auch bei dem Austritt aus derselben
jedermann dem Allmächtigen empfohlen. Schlägt nämlich einem Familiengliede das letzte
Stündlein, so finden sich alle Verwandten und Freunde und, wenn es an einem Sonn-
oder Feiertag geschieht, auch andere Mitglieder der Gemeinde ein, um dem Sterbenden
durch ein Vaterunser das Hinscheiden zu erleichtern. Solange die Leiche im Hause ruht,
halten des Nachts Verwandte und Bekannte, gemeinsam betend, Wache.
Unter den hohen Festen des Jahres nimmt dasWeihnachtssest die erste Stelle ein.
Bei den Katholiken, d. i. bei den Deutschböhmen und der Mehrzahl der Zipser erscheint
am Weihnachtsabend, und zwar in Gestalt einer weißgekleideten Frau das Christkind.
Es wird von einem vermummten Manne begleitet, der in der einen Hand eine Ruthe
für die schlimmen, in der anderen eine Serviette mit Äpfeln und Nüssen für die braven
Kinder hält. Bei den protestantischen Schwaben gehen die „Pelznickel", d. i. der
heilige Nikolaus mit zwei oder mehr Begleitern, sämmtlich in umgekehrte Pelze gekleidet,
um. Aber auch förmliche Weihnachtsspiele sind in der Bukowina noch in Übung. In den
Werkscolonien wird eine „Schäferkomödie", in den deutschböhmischen Kolonien ein
„Dreikönigsspiel", auch „die Heroden" genannt, aufgeführt. Die Deutschböhmen der
Ezernowitzer Vorstadt Rosch pflegen außerdem noch ein anderes Weihnachtsspiel, das
sie „die Apostel" oder „das christliche Apostelspiel" nennen. Dieses Spiel stellt den
Heiland dar, wie er von Petrus, Martinus, Nikolaus, Thomas, Moses, zwei Engeln und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bukowina, Band 20
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bukowina
- Band
- 20
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.14 x 21.77 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch