Seite - 237 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (6), Band 21
Bild der Seite - 237 -
Text der Seite - 237 -
237
trocknen zwar im Sommer zum Theil aus, der Grund ist aber doch nicht zur Bebauung
geeignet und bringt nur Schilf, Binsen und Rohr hervor.
Die ethnographischen Eigenthümlichkeiten, die das magyarische Volk von Borsod
im Allgemeinen kennzeichnen, sind an dem Bauernvolke von Kereßtes und Umgebung am
reinsten und ursprünglichsten zu beobachten. In cnltnreller Hinsicht nehmen sie unter den
übrigen Gegenden des Comitats eine sehr hervorragende Stelle ein. Dabei sind sie arbeitssam,
nüchtern und sparsam. Die Wohnungen sind innen und außen blank und wirthlich. In
jedem Hause gibt es außer dem Flur, der auch als Küche dient, mindestens zwei Stuben,
das Wohn- und das Schlafzimmer. Das Wohnzimmer ist gedielt und hübsch eingerichtet,
und zwar nicht mehr mit tulpenbemalten Truhen und thurmhohen Betten, sondern mit
modischem Kleiderschrank, Divan, Rohrstühlen, Spitzenvorhängen. Die Volkstracht ist eine
der schönsten in Ungarn. Die Männer tragen den schwarzen Dolmäny, die Weste und
eine elf Blätter breite Linnengatya. Von diesen werden zwei übereinander gezogen, damit
sie sich nicht zu dicht anlegen. Im Winter trägt man Hosen. Das Obergewand ist der
Szür (Grobtuchmantel), bei den Älteren im Winter die Bunda (Schafpelz). Die weibliche
Tracht hat sich mehr der Mode genähert. An Festtagen tragen die wohlhabenderen Frauen
schon Seidenkleider von modernem Schnitt und setzen zum Kirchgang den Hnt auf. Im
Winter haben sie kurze Pelze, mit braunen oder schwarzen Blumen gestickt. Um den Kopf
binden sie ein seidenes Tuch.
Mezö-Kereßtes hat unter seinen 4.400 Einwohnern wenig Kaufleute und Gewerbe-
treibende. Dennoch hat es einen Jndnftrieartikel, der zu gutem Rufe und weiter Verbreitung
gelangt ist. Das sind die Kereßteser Windreutern, von denen jährlich etwa 1000 Stück ins
ganze Land gehen. Für den Erfinder, beziehungsweise Vervollkommner dieser Windreuter
halten die Kereßteser einen ihrer Mitbürger, den blinden Paul Gaäl, der als Soldat
irgendwo ein solches Geräth gesehen und es dann nach seiner eigenen Idee vollkommener
eonstruirt habe. In den Gemarkungen von Mezö-Kereßtes und dem dicht anstoßenden
Kereßtes-Püspöki fand 1595 eine Schlacht der Türken unter Sultan Mohammed III.
gegen die vereinigten Heere Rudolfs und Sigismund Bäthorys statt.
In Mezö-Kövesd glaubt man fremden Boden zu betreten. Die Bauart der Häuser,
besonders aber die Volkstracht (siehe die Abbildung in Band ll, Seite 269) sind so
verschieden von denen aller anderen Borsoder Ortschaften, daß ihre ethnographische
Besonderheit auf den ersten Blick hervortritt. Tie 15.000 Einwohner dieses Marktfleckens
sind reine Matyö. Über den Ursprung dieses Volkes sind die Ethnographen noch nicht
einig. Die einen halten es für einen losgetrennten Bruchtheil des Palöczeuvolkes uud der
Name Matyö wäre ihnen vom König Matthias überkommen, der ihrer Stadt verschiedene
Privilegien verlieh. Die anderen glauben, die Matyö seien tatarischen Ursprunges nnd
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch