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hervorragender Alterthümer. Die schmucksten Privathäuser hat die Hauptstraße von
Eperjes auszuweisen; hier bemerkt man namentlich an den Giebeln der Häuser eine
eigenthümliche oberungarische Art, den deutschen Stil mit polnischen Motiven zu mischen,
was eine Reihe bemerkenswerther Renaissancedenkmäler ergibt.
In der Zeit, aus der diese Bauten stammen, waren die drei Saroser Städte einer-
seits durch gleiche Organisation, gleiches Leben der Bürger und gemeinsame gewerbliche
Interessen, dann aber auch durch gemeinsam ertragene Wechselfälle innig zusammen-
geschlossen. Erst waren es die Beutezüge der Hussiten, nach der Mohäeser Schlacht die
Parteikämpfe der Gegenkönige, dann wieder die Religionswirren und nationalen Aus-
stände, die Kämpfe der Kuruezeu und Labanczen, deren endloses Ungemach sie zu ertragen
hatten, und wenn man das in ihnen aufgespeicherte, damals ohne Zweifel sehr werthvolle
Vermögen und die durch den Krieg gewiß am schwersten betroffenen gewerblichen
Interessen in Betracht zieht, kann es nicht Wunder nehmen, daß diese Städte sich selten auf
längeren und trotzigeren Widerstand einließen, daher auch dem Wechsel des Kriegsglücks
entsprechend häufig den Herrn wechselten. Auch Kaschau und Lentschau, die den drei
Saroser Städten in jeder Hinsicht am nächsten standen, schlössen sich dem durch die
Verhältnisse geschaffenen Bunde an, und die Abgeordneten der „fünf Städte" hielten
häufig gemeinsame Berathungen ab, um über ihre gemeinsamen Interessen zu verhandeln
und den Industriebetrieb gleichmäßig zu regeln.
Daß jede der fünf Städte bei allen gemeinsamen Zügen doch auch ihre charakteristische
Besonderheit zu wahren wußte, geht aus dem beißenden Humor eines Epigramms hervor,
das wohl als „geflügeltes Wort" gelten mag und im XVIl. Jahrhundert durch
Simplicissimus Dacianns folgendermaßen aufgezeichnet wurde:
„Von Kaschau ungefangen.
Von Eperjes nngehangen.
Von Bartseld unbeweibt,
Von Zeben unbekleibt.
Kommt er m die Lent (Lentschau);
Kann er sagen von guter Zeit!"
das ist eine Anspielung auf die wachsame, mitunter übereifrige Polizei von Kaschau, die
drakonische Rechtspflege von Eperjes, die strengen Sitten und die Ehestisterei in Bartfeld
und die Lust au spöttischer Nachrede in Zeben.
Das Zusammenhalten der fünf Städte fand auch während der Reformationskämpfe
seinen Ausdruck in der 1548 erlassenen „conkessio pentapolituna", der ersten
protestantischen Consession in Ungarn. Der Protestantismus, der schon 1580 nach Eperjes
verpflanzt wurde und in Bartfeld seine erste Synode auf ungarischem Boden abhielt,
erfüllte das XVI. und XVIl. Jahrhundert mit seinen Kämpfen, die für das Schicksal dieser
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (6), Band 21
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (6)
- Band
- 21
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1900
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.25 x 21.79 cm
- Seiten
- 500
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch