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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (6), Band 21
Seite - 416 -
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416 ausreichenden Bekleidung. Verhältnißmäßig am geringsten ist die Zahl der erblichen Krankheiten. Die Epidemien räumen furchtbar unter ihnen auf; einzelne Krankheiten aber werden oft trotz guter Luft und guten Wassers epidemisch, da keinerlei Schutz gegeu sie möglich ist. Die Wohnungen sind eng und bei der Kleinheit der Fenster nicht zu lüften. Auch wenden sich die Leute lieber an Quacksalber (priMa, planetnik, voroSna, Kuba) als an den Arzt, der gewöhnlich erst spät geholt wird, nachdem die häuslichen nnd Zauber- mittel (car) nicht geholfen haben. Seinem Charakter nach ist der Rnthene ruhiger als der Walache, er trägt keinem etwas nach und ist nicht rachgierig wie dieser; er ist gutherzig und bis zur Naivetät einfältig, dabei gehorsam, musterhaft treu und anhänglich. Er liebt die freie Natur, die er iu seinen Liedern, besonders in denen der Schafhirten schwärmerisch preist. Er ist gemüthlich, liebt Scherz, Gesang, Gasterei und auch den Tanz, obgleich er keinerlei charakteristischen Tanz besitzt. In den gedehnten Melodien seiner Gesänge und Lieder liegt eine eigen- thümliche Schwermuth, wie ja überhaupt in den kleinrussischen Liedern (ckumx). Helden- gesänge (bxlma) hat er keine, bloß Volkslieder. Er singt und mnsicirt gern, hat aber keine eigentliche Musik und auch seine Lieder sind in jedem Thal verschieden. Die Volkslieder sind Räuber-, Hirten-, Soldaten- oder Liebeslieder. Unter den letzteren wieder gibt es Spinner-, Hochzeits- (latkunja) uud Gelegenheitslieder. Seine Religion liebt er, ist aber trotzdem über die Maßen abergläubisch. Überbleibsel einer slavischen Mythologie finden sich bei ihnen keine, höchstens sind einige heidnische Namen, wie Peruu, Voloß, Lado, Duuda gebräuchlich. Feen, wie die Vilas der Südslaven, kennen sie nicht, schreiben aber einzelnen Menschen (kvniekmarnik, cornokiMnik, vökun) höhere Kräfte zu. An ihren Gebräuchen hängen sie ungemein und berufen sich immer auf das Beispiel ihrer Vorfahren. Dies erklärt auch ihre außergewöhnliche Rückständigkeit. Diese Eigen- schaft steigert sich noch durch ihre ohnehin conservative griechische Religion, so daß es fast den Anschein hat, als wollten sie gar keinen Fortschritt. Unter guter Leitung sind sie aber doch ein gelehriges, durch klare Auffassung ausgezeichnetes Volk. Der Rnthene ehrt die Obrigkeit uud ist gegeu die Herren unterwürfig, trachtet aber doch, wie alle an die Scholle gebundenen Colonisten, sie durch Schlauheit zu überlisten. Hingegen hegt er zu Leuten, in deren Wohlwollen er sich nicht getäuscht hat, ein grenzenloses Vertrauen. In seinen Sitten ist er lax, aber nur der Gebirgs-Rutheue, wie ja alle Bergvölker. Er ist nicht verliebter Natur, aber sehr trunksüchtig und trinkt, da er nichts anderes haben kann, Brantwein (palenka, ?drjaks, korivku) und zwar ohne Maß. Ob ihn Freude oder Leid betroffen, er betrinkt sich sofort und dann ist er kein Mensch mehr. Verbrechen kommen selten vor, vou Diebstählen hört man kaum; was er Schlechtes, Strafwürdiges begeht, geschieht meistens in der Trunkenheit.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (6), Band 21
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (6)
Band
21
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1900
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.25 x 21.79 cm
Seiten
500
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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