Seite - 266 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22
Bild der Seite - 266 -
Text der Seite - 266 -
260
verjüngen suchte, sich auch in Bosnien zur Geltung bringen wollte, entflammte der tiefe Haß,
der in dem Osmauli einen fremden Eindringling und in den Beamten die Träger fremder
Gebräuche und die Werkzeuge der Ungläubigen erblickte. So wie in alter Zeit kein bosnischer
Vornehmer sich schlechter als sein König dünkte, und Jeder die Eigenschaft zu besitzen
glaubte, über Alle zu herrschen, so fühlte man auch jetzt. Der Geist der kleinen
Territorialeinheit war der Geist der Spitzen der mohammedanischen Gesellschaft. In der
Gesammtheit jedoch sehen wir noch andere Schattirnngen, die demokratische Opposition
der kleinen armen mohammedanischen Besitzer, der Agas, der von kleinen Lehenbesitzern
zn Kmeten gewordenen Mohammedaner, der kleinen Kaufleute und Handwerker,
die in einzelnen rauflustigen, aber feigen, schimpfrednerischen, aber überzengnngslosen
Janitscharenhäuptlingen und fanatisch bornirten Derwischen ihre Anführer fanden.
Beide Tendenzen hielten sich die Waage. Versuchte es ein Statthalter, das Los der
Christen zu mildern und wenigstens die Agrarbevölkernng zu beruhigen, dann machten
beide Parteien gemeinsame Sache gegen die ungläubige Richtung des Fremden. Hielt
es dann der Bali mit deu Notabelu, so regte sich wieder die Opposition der Agas.
Dies waren die Verhältnisse in Bosnien, als der Unabhängigkeitskrieg der Serben im
Jahre 1804 aufloderte.
Auch in Serbien ging die türkische Centralmacht in Trümmer. Der Aufstand der
Rajah war im Anfange eigentlich nur die Reaction gegen das staatsfeindliche
Janitscharenthnm. In Bosnien konnte eine derartige Bewegung nicht entstehen, weil
eine christliche Nebenregierung, besser gesagt Selbstverwaltung, wie sie in Serbien unter
den Knesen bestand, infolge der relativen Minderzahl nicht emporkommen konnte. Der
Ausstand Kara Gjorgjes und später der endgiltige Sieg der Revolution unter Milos
Obrenovic übten auch auf die Verhältnisse in Bosnien nach mehreren Richtungen großen
Einfluß aus. Die orthodoxen Christen in Bosnien und der Hercegovina wie auch die
Montenegriner hatten viel Sympathie für ihre kämpfenden Glaubensgenossen in Serbien.
Kara Gjorgje, wie Obrenovie strebten zielbewußt eine gegenseitige Annäherung aller
christlichen Elemente an. In der ersten Periode des Aufstandes hofften auch die
katholischen Frauciseaner viel von dieser Bewegung, indem sie glaubten, daß Österreich
sich zu einer offenen Unterstützung Serbiens herbeilassen werde. Es herrschten auch
russische Sympathien unter den bosnischen Christen. Selbst Katholiken in der Hercegovina
und in Dalmatien, durch montenegrinischen Einfluß und besonders durch die Kaufleute
ermuntert, erhofften von dort ihre Befreiung. Der Wiener Hof war von diesen Stimmungen
sehr gut unterrichtet nnd am besten unter seinen Rathgebern Kaiser Franz selbst, der sich
speciell für Bosnien interefsirte und persönlich die Fäden der österreichischen Eontremiue
leitete. Es wurde nun die Losung ausgegeben, diesem Einflüsse entgegenzuarbeiten und
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch