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zwischen dem hereegovinischen Küstenstriche und dem bosnischen Binnenlande schon seit
jeher bestand, zum vollen Ausdruck und die berühmten Familien Rizvanbegovie von Stolae
und Cengie von Gaeko ereifern sich, natürlich im eigenen Interesse, für die Sache des
Sultans gegen die abtrünnigen Bosnier.
Epochemachend war die Auflösung des Jani tschareneorps zu Coustantinopel im
Jahre 1826. Wir finden die Auflehnung der überraschten Bosnier, welche in dieser
Reform ihren Nnin sahen, natürlich und den energischen Widerstand, den die bosnische
Adelspartei gegen diese reformatorische Tendenz entfaltete, ans ihrer Vergangenheit voll-
kommen erklärlich. Die glaubenstreuen Vornehmen sahen mit Schrecken die neuen
Uniformendes regulären Heeres; die übrige mohammedanische Bevölkerung bemerkte
ebenso unwillig, daß der Vali Morali Namnk Ali Pascha einen Fez trug, und alle
waren vollkommen davon überzeugt, daß diese ganze Reform nur vou den Christen
ausgehe und zu einer vollständigen Aufhebung ihrer Privilegien, sowie zur Ausrottung
ihres Glaubens führen werde. „Bosnische" Helden kämpften zwar, wie der Snltan
huldvoll sich ausdrückte, im Kriege gegen die Russen mit; aber dies hinderte sie nicht,
die Wiederherstellung des alten Systems anzustreben. Es liegt ein gewisser großer
Zug in der Auffassung dieser verwegenen Notabeln, die sich, als sie einen Anführer
gefunden hatten, die Eroberung Constantinopels als höchstes Ziel vorsteckten, um dann
von dort aus die Ordnung wieder herzustellen. Jenen Führer fanden sie in dem berühmten
Hussein, Capetan von Gradacae.
Hussein von Gradacae war der Nachkomme eines Geschlechtes, welchem erblich die
locale Vertheidigung der Grenze oblag. Er hatte die Mehrheit der Mohammedaner um sich
geschaart und folgte dem Wahlspruch, daß das Recht des Stärkeren immer das bessere
sei. Er vertrieb den Pascha, organisirte ein Heer und ließ sich hierauf im Jahre 1831 zum
Vezir erwählen. Dann richtete er die Verwaltung ganz selbständig ein und schloß mit den
albanesischen Aufständischen ein Schutz- und Trutzbüudniß.
Der große Plan, den ketzerischen kaiserlichen Vezir Reschid zu vernichten, wurde
durch die Uneinigkeit der Verbündeten vereitelt, Reschid siegte bei Prilip und rettete in
diesem kritischen Momente das Reich. Allein Hussein Capetan hatte im Lande selbst
große Erfolge anfznweifen. Sein Gebaren erinnert lebhaft an Hervoja; er macht
sich eigenmächtig zum Vezir, zieht ohne Einwilligung des Snltan in Travnik ein,
verleiht Orden und Decorationen, Stellen und Lehen; seine Widersacher läßt er unbarm-
herzig aus dem Wege räumen.
Durch den Neid seiner eigenen Parteigänger und durch die ihm entgegen wirkenden
hereegovinischen Begs, des genannten Ali von Stolae und Ismails Cengie, kam er zu
Falle. Geschlagen flüchtete er nach Österreich, wurde später begnadigt und starb in Eon-
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Bosnien und Herzegowina, Band 22"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch