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und zeigt einen durchschnittlichen Schädelindex von 79 8 Millimeter. Dolichocephalie
kommt bei ihnen in 15 4 Percent, Mesocephalie in 23 0 und Brachycephalie in
61 6 Percent vor; die weißen Zigeuner sind somit überwiegend brachycephal.
Ihr Gesicht ist niedrig und breit, die Stirne gerade, niedrig und schmal, die Augen
groß, mit lebhaftem Blick, die Nase groß, gerade, die Flügel meist aufgebläht. Der
proportiouirte Mund hat nicht selten dünne Lippen und meist kleine verticale Zähne.
Der Brustkorb ist schmal, die Extremitäten kräftig und lang, die Hände und Füße
auffallend lang und schmal.
Aus dieser Darstellung ist zu ersehen, daß die beiden Unterarten der moham-
medanischen Zigeuner in physisch-anthropologischer Beziehung manche ganz wesentliche
Unterschiede aufweisen. Die Schwarzen stellen nahezu den reinen Zigennertypns dar, die
Weißen hingegen sind durchwegs Mischlinge, hervorgegangen aus der Kreuzung der
Zigeuuer mit der hochwüchsigen, brachycephalen, mohammedanischen Bevölkerung des
Landes.
Meist abseits von jedem Verkehre und zum Theile noch in Erdhütten, natürlichen
Höhlen, oder in aus Flechtwerk hergestellten Zelten wohnen im Norden und Nordosten
Bosniens ungefähr 100 Familien, sogenannte Karavlahen, welche, theilweise nomadi-
sireud, sich meist mit der Herstellung von Holztellern und Holzlöffeln beschäftigen
oder als Musikauteu vou Ort zu Ort wandern. Manche durchziehen als Bärenführer
jahrelang die ganze Welt uud kehren dann mit etwas Geld uud eiuigeu Brocken
fremder Sprachen bereichert, zwar barfüßig, aber mit Cylinder und Frack ausgestattet,
in ihre Erdhütten zurück.
Die Karavlahen bezeichnen sich als Rumäne» uud protestireu entschieden, wenn
man sie Zigeuner nennt. Sie sind orientalisch-orthodoxer Konfession und sehr ehrliche
Leute. Einige Familien wurden seinerzeit im Bezirke Bjclina seßhaft gemacht, dieselben
sind jetzt fleißige Landleute und zeigen keine Sehnsucht nach dem früheren Leben.
Von kleiner oder mittelhoher Statur (Männer 1646, Weiber 1535 Millimeter
hoch), haben die Karavlahen eine durchwegs dunkle Hautfarbe, mehr dunkel als lichtbranue
Angen und tiefbraunes oder schwarzes, theils schlichtes, theils welliges und lockiges Haar.
Der Kops, eher klein als groß, zeigt eine beträchtliche Länge und eine verhältnißmäßig
geringe Breite. Der Schädelindex beträgt im Mittel 75 1 Percent, bei 46 Percent
Dolicho-, 49 1 Percent Meso- uud 4'8 Percent Brachycephalie. Die Stirne ist
schmal, niedrig uud leicht geneigt, die Augen weit geschlitzt, die Nase von mittlerer Größe
und breit; das Gesicht im Ganzen breit und niedrig.
Die Karavlahen stellen somit einen durchwegs dunklen Typus dar, welcher möglicher-
weise aus einer Kreuzung zwischen Zigeunern und Rumänen hervorgegangen ist.
Bosnien und Hercegovina. 19
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Bosnien und Herzegowina, Band 22
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Bosnien und Herzegowina
- Band
- 22
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.34 x 22.94 cm
- Seiten
- 536
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch