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wie von selbst das Bild des damaligen Burgbaues auf, und andererseits ist es ebenso
leicht, aus dem Burgbau Schlüsse auf die Zustände des Landes zu ziehen.
Entscheidend waren insbesondere zwei Umstände. Erstens, daß die Könige auch nach
dem Tatareneinfall eifersüchtig über das Recht des Burgbaues wachten. So befiehlt
Andreas III. in seiner Verordnung, welche die Beschlüsse des Altofener Reichstages
von 1291 in sich faßt, daß die neuerdings zur Schädigung des Landes erbauten Burgen,
sowie auch die kleineren, mit den Kirchen verbundenen Befestigungen, nnverweilt abzutragen
seien. Der zweite Grund war, daß die Bevölkerung aus Volksgruppen bestand, deren jede
ihre besonderen Freiheiten und Vorrechte besaß, was also nebst den Besitzverhältnissen,
dem Reichwerden einzelner Geschlechter uud ihrem Emporsteigen zn oligarchischer Gewalt
hinderlich war. Aus diesem Grunde blieben die charakteristischen Schöpfungen der feudalen
mittelalterlichen Baukunst, die Ritterburgen, in Siebenbürgen unbekannt. Einzelne
Mächtige besitzen oder bauen zwar Burgen, aber sie sind entweder Kriegsmänner des
königlichen Hofes, wie unter Sigismnnd Knez Sorb, Besitzer der Burg Hunyad, oder es
sind Wojwodeu, oberste königliche Beamte, wie der Wojwode Ladislans, der Gespan Elias
Thoroezkay, Johann Hnnyadi. Daher dienten die von ihnen erbauten Burgen nicht sowohl
dem Ansehen und der Sicherheit der Privatpersonen, als dem Mann des Königs, dem
Wojwoden. Unter den zahlreichen, im Laufe von dreihundert Jahren erbauten Burgen,
deren Ursprung fast durchwegs im Dunkel liegt, mögen sich auch welche von ganz privatem
Charakter befunden haben, allein das ist kein Beweis für die Existenz von Ritterburgen.
Bezeichnend genug, daß in der Gruppe jener Burgbauten, die von einzelnen Vornehmen,
wenn auch zugleich Wojwoden, errichtet wurden, keine einzige vorkommt, die nach Anlage
nud Aufbau mit den deutschen Ritterburgen vollständig übereinstimmt.
Wojwode Ladislaus, der in der verworrenen Zeit vor der Thronbesteigung
Karl Roberts Herr in Siebenbürgen war, bekundete seine Macht auch im Bau von
Burgen. Er ließ die Balvänyos-Bnrg in Häromßek umbauen, und durch ihn vermuthlich
erhielt diese alte Zufluchtsstätte die Form, die in ihren Spuren noch jetzt zu erkennen ist.
Er ist auch der Erbauer einer der wenigen Wasserburgen dieses Landestheiles, der
Fogaraser Burg, die im XVII. Jahrhundert ganz umgebaut wurde. Mit Ladislaus
Apor wird auch Burg Esiesö in Verbindung gebracht, von der nur geringe Überbleibsel
vorhanden sind.
Ein verhältnißmäßig wohlerhaltenes Beispiel der defensiven Baukunst der
Wojwoden, und am meisten einer Ritterburg ähnlich, ist die Burg Toroczkö-Szent-
Gy örgy im Comitate Torda-Arauyos. Sie wurde durch den Wojwoden Elias Thoroezkay
Mitte des XIII. Jahrhunderts erbaut. Sie steht auf einem steilen von drei Seiten
unzugänglichen Felsen und hat ein längliches, unregelmäßiges, mäßig großes Terrain; die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch