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Sie wurde von den Seldschncken zerstört und durch ein großes Erdbeben vernichtet,
worauf zu Beginn des XIV. Jahrhunderts etwa 30.000 Armenier auswanderten
und sich auf der krimischen Halbinsel niederließen, wo es noch jetzt armenische Ansied-
lungen gibt. Später suchten sie vor den verheerenden Tataren in der Moldau Zuflucht,
gründeten da sieben Städte und gelangten zu so großem Ansehen, daß einmal sogar der
Wojwode des Landes aus ihrer Mitte gewählt wurde. Aus der Moldau zog im Jahre 1654
ein Schwärm Armenier unter Führung der Brüder Azbej und des Martin Kändra nach
Siebenbürgen, wo sie sich in größerer Zahl zu Gyergyo-Szent-Miklös niederließen. Allein
die Kriegszeiten bewogen die meisten, nach der Moldau zurückzukehren. Nur wenige
Familien verblieben in Siebenbürgen, namentlich in Elisabethstadt (Erzfebetväros), wo sie
den Gottesdienst nach ihrem eigenen Ritus in einer Holzkirche abhielten.
Mitte des XVlI. Jahrhunderts brachen in der Moldau grausame Religions-
verfolguugeu aus und zwangen die Armenier, sich eine neue Heimat zu suchen. Unter der
Führung ihres Bischofs Zilifdar Ogln Minas (Zilifdar Ogln bedeutet auf persisch:
Sohn eines Soldaten) und ihres weltlichen Oberhauptes Tanel (Daniel) kamen im
Jahre 1672 über 3000 armenische Familien nach Siebenbürgen, wohin sie Fürst
Michael Apaffy eingeladen hatte, in der Absicht, mit ihrer Hilfe dem während der Türken-
kriege völlig herabgekommenen Handel und Gewerbe neuen Impuls zu geben. In seinem
Freibriefe sicherte er ihnen freie Ausübung von Handel und Gewerbe zu.
Die eingewanderten Armenier waren Schismatiker (Entychianer) und haben ihren
orientalischen Typus bis auf den heutigen Tag bewahrt. Sie ließen sich zu Elisabethstadt,
Bistritz, Gyergyö-Szent'-Miklös, Görgeny-Szent-Jmre, Felfalu, Petele (Birk) und Szepviz
nieder. Sie erhielten die Erlaubniß, an allen diesen Orten ihre religiösen Gebräuche auszu-
üben. In den Schoß der katholischen Kirche traten sie unter der Führung des apostolischen
Vikarsund armenisch-katholischen Bischofs Anxendius Verzeresknl ein. Dieser begeisterte
Mann, der Gründer von Szamos-Üjvär, zu dessen Gedächtniß in Kurzem auf dem Haupt-
platz der Stadt ein Standbild enthüllt werden wird, war in der Moldau geboren und
hatte in Rom seine Ausbildung erhalten. Von da kehrte er als geweihter Priester 1684
zu seinen armenischen Stammesgenossen zurück, mit der Absicht, sie für die katholische
Kirche zu gewinnen. Bischof Minas wandte Alles auf, um seine Bemühungen als
Glaubensbote zu vereiteln, und auch die Armenier waren nicht geneigt, ihre alten
religiösen Gebräuche wegen der „aus Rom gebrachten" aufzugeben. Verzereskul galt als
Störenfried und Religionsstörer und wurde einmal zu Bistritz beinahe gesteinigt. Nach
zwei Jahren aber war sein unermüdlicher Eifer durch einen großen Erfolg gekrönt,
indem Bischof Minas selbst im Jahre 1686 zum Katholizismus übertrat und seinem
Beispiele alsbald sämmtliche armenische Familien folgten. Nach Minas' Tode ernannte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch