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Teppich bedeckt. In den beiden Ecken gegen die Straße hin ragen zwei Betten mit
Pölstern, Unterbetten und Bettdecken vollgepackt bis an die Balken empor. Den Wänden
entlang stehen geschnitzte Stühle, farbig gestrichene Bänke und tulpenbemalte Truhen. In
letzteren sind die Feierkleider aller Familienmitglieder verwahrt. An den Wänden
Heiligenbilder, an den Schüssel- und Zapfenbrettern Irden-, jetzt anch Porzellangeschirr,
Teller und Kannen. Zur Seite der Thüre wölbt sich der kalkgeweißte, bauchige Ofen, der
von der Küche aus geheizt wird. Jenseits der Küche, nach dem Hofe hin, liegt die Wohn-
stube. In dieser hält sich die ganze Familie auf, und da ist auch der Webstuhl aufgestellt.
Die bulgarischen Männer des Flachlandes tragen im Sommer ein Hemd mit aus-
genähtem Kragen, eine Weste mit flachen Metallknöpfen und leinene „Gatyen" oder blaue
Tuchhosen mit der gewohnten Verschnürnng, als Kopfbedeckung einen Hut mit runder
Krämpe. An manchen Orten wird die Krämpe aufgeschlitzt, wie bei ihren Stammgenossen
in Bulgarien. Die Bursche tragen bei der Verlobung auf dem Hute noch einen mützen-
förmigen, silberverzierteu Bandschmnck und stecken das Taschentuch hinten in die Hntkrämpe
Im Wiuter tragen sie ein anliegendes, knielanges Wamms aus schwarzem Schaffell. Die
weibliche Tracht besteht zunächst aus einem Hemde mit ausgezackten Ärmeln, in Falten
gezogenem Rücken und hübsch ausgenähten Schultern, und darüber einer hellblauen Weste
mit Goldverschnürnug und glänzenden Knöpfen. Der Nock ist lang und dicht gefältelt, seine
Grundfarbe hell- oder dunkelroth mit braunen Streifen; vorne ist er nicht zusammen-
genäht, weil dort ohnehin die Schürze, das schmuckste Kleidungsstück der Bulgarin,
vorgebunden ist. Die Schürze wird von den Mädchen selbst gewebt, roth gefärbt, mit
Gold- oder Silber-Pafsementerie eingesäumt, mit Herzen und Blumen ausgenäht und mit
Bändern aufgeputzt. Diese Schürzen sind als Erzeugnisse bulgarischer Hausindustrie iu
neuerer Zeit sehr gesucht und dienen nebst dem bekannten bulgarischen Teppich als gute
Einuahmsquelle. Die Frauen tragen ein weißes, turbanartig gebundenes Kopftuch. Die
Mädchen flechten sich das Haar in einen wellig gekräuselten Zopf, in dessen Ende ein
den Boden streifendes farbiges Band eingeflochten wird. Im Allgemeinen tragen sie
Schuhe und schwarze oder rothe Stiefel. Im Winter tragen die Vingaer Frauen eine
mit Astrachan verbrämte Mente, die Bessenyöerinueu aber werfen sich einen verschnürten
Leder-Dolmany über die Schulter. Die Kleidung der Krassovaner Frauen ist ganz nach
rumänischer Art.
Der Bulgare liebt den Ackerbau. Auch gibt es in Südungarn außer dem Schwaben
keinen so bodenhungrigen Menschen, als ihn. Wenn es aber mit dem Ackerban nicht geht,
wird er am liebsten Gärtner und Teppichhändler, und er wandert in diesen Berufen bis
in ferne Länder. Seine Hauptsehnsucht ist der Besitzerwerb; schlägt dies trotz alles Be-
mühens fehl, so wandert er aus, und da er leicht Sprachen lernt und zum Hineinheiraten
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (7), Band 23
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (7)
- Band
- 23
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.13 x 23.25 cm
- Seiten
- 622
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch