Seite - 12 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24
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Jurist. Die Bauern Processiren mit Vorliebe, denn wo der Croate sein gutes Recht hat,
da ist er hartnäckig und auch auf das Tüpfelchen über dem „i" erpicht. Wenn aber dcr
Croate auf dem Rechtsweg nicht zu seinem Recht kommen kann, ist er leicht geneigt, es
mit Gewalt zur Geltung zu bringen. Drei furchtbare und änßerst blutige Bauernaufstände
in Zagorje, im XIV., XVI. und XVIII. Jahrhundert, sowie viele kleinere zu verschiedenen
Zeiten wurden mit äußerster Grausamkeit unterdrückt, konnten aber den festen Sinn dcr
eroatischen Bauern nicht brechen. Der Zagorjaner Volkstypus ist im ganzen Warazdiner und
in dem größten Theil des Agramer Comitates in geschlossener Masse zu finden, verläuft
aber bis an die Grenzen des Pozeganer Comitates und mischt sich dort mit dem Typus
der schwarzhaarigen Crösten des Dravegebietes, ebenso wie im Süden mit dem derPosavaner
Kroaten. Diese Crösten sind weicher und leichtlebiger, ein verhältnißmäßiger Wohlstand
lockert und mildert die Sitten. Das Volk zwischen der Drave und Save ist aufgeweckter,
phantasiereicher, gesangskundiger als das in Zagorje; die Männer sind schlank und hoch-
gewachsen, die Frauen, besonders in dem Savegebiet, von außerordentlicher Schönheit, die
noch durch eine antikisirende Tracht gehoben wird. Vor der Occupatio» Bosniens durch
unsere Monarchie war Slavonien die Zufluchtsstätte von Räubern, die hier ihren Wechsel
zwischen Ungarn und Bosnien hatten und in den weitausgedehnten Wäldern sehr schwer
zu ergreifen waren. Baron Trenk trieb sie in die Enge, verschaffte ihnen aber eine
Amnestie und nahm sie als Pandnren in seine Dienste. Sie waren eine irreguläre Truppe,
schändeten aber den kroatischen Namen, den sie zum großen Theil unberechtigt führten,
durch Grausamkeiten. Noch vor fünfzig Jahren gab es im Pozeganer Comitat organi-
sirte Räuberbanden, gegen die vergeblich Truppen aufgeboten wurden, und später noch
machten sich einzelne Banditen berühmt, aber alle diese wilde Räuberromantik wurde
allmälig vollkommen ausgetilgt und nun herrscht im ganzen Lande Ruhe, Ordnung und
Sicherheit. Der Likaner Croate ist von sehr großer und sehr kräftiger Statur; das Likaner
nnd das Otocaner Regiment zeichnet sich auch heute noch durch die besondere Schönheit
des Menschenmaterials aus. Der Likaner ist unglaublich abgehärtet und trägt mitten im
strengsten Winter bei 30 Grad Kälte die Brust nackt, so daß sie gleich dem Gesicht von
Schnee und Eis bedeckt ist; er ist außerordentlich mäßig und genügsam, erträgt mit
Leichtigkeit die größten Anstrengungen, läuft an fast senkrechten Felswänden mit der
Sicherheit einer Gemse entlang, spricht schön und volltönend - und hat ausgesprochene
rednerische Gaben. Conservativ, wenig nach Neuem strebend, in Tracht und Sprache von
der Außenwelt wenig berührt, läßt er sich dnrch nichts verblüffen. Der Likaner verläßt
seine Heimat auf viele Monate, nm als Holzarbeiter in den Wäldern Croatiens und Slavo-
niens soviel zu verdienen, daß er seine Familie erhalten kann, und kehrt dann wieder in seine
wilden Gebirgsthäler zurück, wo er sich gerne, so lange das Geld reicht, frohe Tage gönnt.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kroatien und Slawonien, Band 24"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kroatien und Slawonien, Band 24
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kroatien und Slawonien
- Band
- 24
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1902
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.19 x 22.65 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch