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3. August und 17.
der machten indessen doch auch auf einige Vornehme einen solchen
Eindruck, daß sie an ihn glaubten. Unter diesen waren die Ansehn-
lichsten: Nikodemus und Joseph von Arimathia.
Nikodemus war aus dem Orden der Pharisäer, ein Vor-
steher des Volkes, und ein Mitglied des hohen Rathes der Ju-
den, ein in der jüdischen Gelehrsamkeit sehr erfahrner Mann. Er
hatte schon einigemal die Lehren Jesu gehört, und mehrere Wunder-
werke entweder selbst gesehen, oder von Andern erfahren. Dieses
weckte in ihm das heilsame Verlangen, Jesum näher kennen zu ler-
nen, und über die hohe Person und göttliche Sendung desselben bes-
ser unterrichtet zu werden. In dieser Absicht kam er einmal bei der
Nacht zu Jesu, weil er bei Tag keine schickliche Gelegenheit fand,
sich allein mit ihm zu unterreden, und weil er sich nicht dem Hasse
und der Verfolgung der übrigen Mitglieder des hohen Rathes vor
der Zeit aussetzen wollte. Er war selbst noch zweifelhaft über die
Person und Sendung Jesu, und eben deßwegen wollte er noch nicht
öffentlich als ein Anhänger und Schüler desselben erscheinen. Es
entstand bei diesem nächtlichen Besuche zwischen Jesus und Nikodc-
mus das merkwürdige Gespräch, welches uns der Apostel Johannes
in seinem Evangelium am H. Kap. erzählt. In diesem Gespräche
trägt Jesus dem Nikodemus die wichtigen Lehren vor: „Das Reich
des Messias ist nicht, wie die Juden glauben, ein weltliches, son-
dern ein gcistl'iches Reich; weßwegcn Jeder, der an dem Glücke und
an den Seligkeiten desselben Theil nehmen will, durch die Taufe in
dasselbe aufgenommen, und mittels der Einwirkung des heiligen Gei-
stes, durch die Befolgung der Lehren des Messias neugeboren, d. i.
ein anderer, ein guter und Gott wohlgefälliger Mensch werden muß.
Der Mensch, in wieferne er vom Fleische abstammt, das heißt: vom
sinnlichen Menschen gezeugt ist, ist freilich nur sinnlich, und denkt
und handelt nur sinnlich; aber die geistliche Geburt durch das Was-
ser und den heiligen Geist stimmt die Gesinnung desselben ganz um,
und macht ihn ewiger Güter fähig und empfänglich. Wie der hei-
lige Geist diese bessere Gesinnung in dem Menschen wirke, begreift
rcv Mensch zwar nicht, so wenig er weiß, wo ein entstandener Wind
angefangen habe, oder aufhören werde; er kann sich aber doch von
dem Daseyn dieser Wirkung des göttlichen Geistes aus dem überzeu-
gen, daß er diese bessere Gesinnung und den geistigen Wandel
an sich und andern wirklich wahrnimmt, so wie er sich von dem
Daseyn der Winde durch sein Gefühl überzeugt. Unzählige Dinge
sind im Reiche der Natur, die sich der Mensch nicht erklären kann;
viel weniger soll er sich aumassen, höhere, übersinnliche Dinge, gött-
liche Offenbarungen ganz verstehen zu rönnen, und weil er sie nicht
versteht, verwerfen zu wollen. Diese soll er glauben auf das Wort
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen