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Am 25. März. 255
in einem Hause der Stadt gefangen gehalten, ehe man sie in den
Kerker und in Bande legte. Man redete ihnen auf alle Weise zu,
um sie zum Abfalle zu bewegen. Am heftigsten drang der Vater
in seine Tochter Perpetua, bald mit stehenden Bitten, bald mit
harten Drohungen, daß sie das Christenthum verlassen solle. Einst
sagte sie zu ihm: „Vater! Siehst du das Krcuzlcin, das hier
steht?« „Ich sehe es," antwortete der Vater. Sie sprach: „Kann
man dasselbe etwas anders nennen, als was es wirklich ist?"
„Nein," sagte er. Sie erwiederte: „So kann ich mich selbst auch
nichts anders nennen, als was ich wirklich bin — eine Christin."
Auf diese Rede wurde der Water so erbittert, daß er auf die Toch-
ter losfuhr, ihr die Augen auszureissen, gleichwohl sie nur mißhan-
delte, und davon ging, sie auch einige Tage unbcsucht ließ, wodurch
sie erquickende Ruhe erhielt, für welche sie dem Herrn dankte. Wäh-
rend dieser Zeit wurde sie, nebst ihren Mitbekcnnern, getauft, und
der heilige Geist gab ihr, wie sie selbst sagte, in der heiligen Taufe
ein, um nichts anders zu bitten, als um Standhaftigkeit in leib-
lichen Qualen.
Nach einigen Tagen wurden sie in das Gefängniß geführt. Und
nun wollen wir die weitere Erzählung aus dem Munde der Perpetua
selbst hören: „Ich entsetzte mich, spricht sie, bei dem Anblicke des
Gefängnisses, denn solche Finsternisse hatte ich noch nie erfahren. O
schrecklicher Tag! Entsetzliche Qualen des von Menschen angefüllten
Kerkers! Hartes Drängen und Stoßen der Soldaten! Am meisten
ängstete mich der Kummer um mein Kind. Zwei Diakonen, Tertius
und Pomponius, welche uns hilfreich beistandcn, erkauften durch Geld
die Erleichterung, daß wir täglich auf wenige Stunden in einen be-
quemern Ort des Gefängnisses gelassen wurden, um freiere Luft schö-
pfen zu können. Nun sorgte jedes für sich. Ich reichte die müt-
terliche Nahrung dem Kinde, welches vor Hunger schon matt war.
Innigst besorgt um dasselbe sprach ich meine Mutter an, empfahl
es ihr, und tröstete meinen Bruder. Ich war tief bekümmert, weil
ich sah, daß sie es auch seyen, aus Liebe zu mir." (Die Mutter
und der Bruder waren, wie es scheint, nicht als Gefangene im Ge-
fängnisse da, sondern nur als freiwillige Gesellschafter.) „ In solcher
Bekümmerniß brachte ich viele Tage hin. Ich maßte mir die Frei-
heit an, mein Kind im Gefängnisse bei mir zu behalten, und es
wurde mir sogleich wohl. Ich fand mich frei von dem Gefühle der
Beschwerde und Sorge für mein Kind. Der Kerker wurde mir zum
Palaste, wo ich lieber seyn wollte, als anderswo."
Ihr Bruder bat die Perpetua, daß sie Gott im Gebethe fra-
gen solle, ob ihr Leiden mit dem Martertode sich endigen, oder ob
sie wieder zur Freiheit gelangen würde. Sie antwortete, daß sie am
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen