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302 Der heilige Märtyrer Pionius und seine Gefährten.
seine Bemühung fruchtlos blieb, ließ er ihn auf die Folter spannen.
Während der Qualen, die der heilige Bekenner da erdulden mußte,
forderte er ihn zu wiederholten Malen auf, daß er den Göttern
opfern solle; allein Pionius blieb standhaft auf dem Bekenntnisse,
daß er den einzig wahren Gott verehre. Jetzt berathschlagte der
Prokonsul sich mit seinen Gerichtsbeisitzern, fällte endlich das Ur-
theil, und ließ es laut von der Tafel ablesen: „Wir verordnen, daß
Pionius, der einen gottlosen Sinn hat, und auf dem Bekenntnisse,
daß er ein Christ sey, beharret, zur Strafe lebendig verbrannt
werde, damit er so den Menschen Furcht einjage, und den Göttern
Rache gewahre."
Nun '.ourde der große Mann zum Tode abgeführt. Darüber
freuten sich die Heiden, die Christen aber hatten an ihm ein herr-
liches Beispiel der unerschrockensten Standhaftigkeit. Nicht mit wan-
kendcn Tritten, nicht mit zitternden Knieen, wie es bei Verbrechern
geschieht: sondern mit festem Schritte, mit freudigem Ansiande, mit
ganz entschlossenem Muthe ging er der Todesstätte zu. Er erwar-
tete nicht den Befehl, sich zu entkleiden, warf einen Blick auf seine
Glieder, und dankte voU Freude Gott, durch dessen Gnade er den
Leib keusch bewahret hatte. Er wurde aus den Scheiterhaufen ge-
stellt, den die Wuth des Volkes zusammengetragen hatte. Da legte
er seine Hände selbst auf den Rücken, und bot sie hin zum Anna-
geln an den Pfahl. Als das Volk ihn so angenagelt sah, wurde
es bewegt, und rief ihm zu: „Pionius! ändere deine Gesinnung, es
werden dir deine Nägel wieder ausgezogen werden, sobald du dich
bereit erklärest, zu thun, was von dir gefordert wird." Er ant-
wortete: .,Wohl fühle ich die Nägel!" und nach einer kurzen Weile
sprach er: „Möchte doch das Volk durch meinen Tod überzeugt
werden, daß eine Auserstehung der Todten künftig sey." Nun wur-
den die Pfähle, an denen er, und Methodorus, ein Priester, ange-
heftet worden, aufgerichtet, und der Scheiterhaufen angezündet.
Schon schlug die Flamme brasselnd in die Höhe, als Pionius die
Augen schloß, und in der Stille bethete. Bald öffnete er sie wie-
der , schaute mit einem freudigen Blicke in die Gluth, und sagte
„Amen!" Sogleich athmete er seine Seele aus, mit den Worten:
„Herr! nimm meinen Geist aus!"
Dieß war das Ende des heiligen Pionius, dieß der Martertod
eines Mannes, dessen Lebenswandel fortan untadelich und ganz
schuldlos, dessen Einfalt ungeheuchelt, dessen Glaube unerschütterlich,
dessen Unschuld beständig war, und dessen Herz jedem Laster ver-
schlossen blieb, weil es Gott offen stand. So wandelte er durch
die Finsternisse zum Lichte, so ging er die enge Thüre hindurch, und
eilte zur weitern und herrlichen Pforte des Himmels. Als die
Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes, Band 1
- Titel
- Legenden der Heiligen auf alle Tage des Jahres
- Untertitel
- Die Herrlichkeit der katholischen Kirche, dargestellt in den Lebensbeschriebungen der Heiligen Gottes
- Band
- 1
- Autor
- Anton Mätzler
- Verlag
- Landshut Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 1840
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 9.8 x 16.9 cm
- Seiten
- 900
- Schlagwörter
- Kirche, Gott, Glaube, Religion
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen